Drei Tage Strategieklausur komplett remote? Ja, das funktioniert!

Dass Videokonferenzen funktionieren, ist inzwischen keine Nachricht mehr wert. Auch ein Halbtages-Workshop geht ja noch ganz gut.

Aber eine dreitägige Strategieklausur komplett remote?
Geht nicht? Geht doch!

Genau das haben wir gemacht – vor anderthalb Jahren mit der Leitungskonferenz der Caritas St. Raphael CAB GmbH. Wie es dazu kam, wie wir das gestaltet haben und was die Teilnehmer hinterher dazu sagten – das hören Sie in der neuen Podcastfolge.

Tatsächlich ist auch ein Anlass, dass wir gerade in den letzten Tagen eine auf den hier beschriebenen Prozess aufbauende Strategieklausur durchgeführt haben. Mit Fokus auf die Ziele für 2023 und wieder analog. Also mit Gesprächen am Tresen und gemeinsam in einem echten Raum. Mit Fackelwanderung und Bowling-Abend – mit intensiver Diskussion und gemeinsamer Arbeit.

Corona als Katalysator – (fast) alles geht auch remote

Der Strategieprozess der CAB sieht eine jährliche Strategieklausur im Kreise der gut 20 Führungskräfte vor. Die Reflektion des vergangenen Jahres und die Entwicklung der Ziele und Strategien stellen die Grundlage dar für die laufende Führung der insgesamt gut 1.400 Mitarbeiter starken Organisation.
Circa alle fünf Jahre wird in einer zusätzlichen Klausur der Bogen über einen längeren Zeitraum gespannt und grundsätzlichere Fragen gestellt. Genau das war im Frühjahr 2021 wieder dran. Eigentlich. Jedoch hatte die Pandemie die Gesellschaft fest im Griff.

Gerade ein Kreis von Führungskräften aus Alten- und Behindertenhilfe konnte ja nun nicht mit strengsten Sicherheitsvorkehrungen Bewohner und Mitarbeiter schützen und dann 3 Tage im Seminarraum die Köpfe zusammenstecken und sich abends an der Bar in Getränke und Gespräche vertiefen.

Was also tun?

Da wir den Strategieprozess schon seit einigen Jahren begleiten, waren wir dazu früh im Dialog und haben gemeinsam eine Lösung entwickelt. Dazu muss man sich vor Augen führen, dass wir nicht von einer naturgemäß sehr online-affinen Software-Firma sprechen. Der Führungsalltag im Sozialwesen ist doch eher von persönlichen Begegnungen und vergleichsweise analoger Kommunikation geprägt. Zum Zeitpunkt im Frühjahr des letzten Jahres waren erst ein Teil der Führungskräfte regelmäßige Videokonferenz-Nutzer. Also was sollten wir tun?

Verschieben und warten, bis die Situation wieder besser wird?

Keine Lösung. Strategien werden gebraucht und können nicht einfach ein Jahr später entwickelt werden. Die Welt bleibt ja nicht stehen. Im Gegenteil. Gerade in so fordernden Zeiten ist die Strategiearbeit wichtig.

Verkürzen und in 2 oder 3 zwei-stündigen Meetings das Nötigste klären?

Auch keine gute Lösung. Denn gerade der Prozess, sich aus dem Alltag rauszunehmen und für einige Tage konzentriert die Strategie entstehen zu lassen, schafft ja die Qualität.

Also blieb die dritte Lösung: Machen wir es wie immer – nur anders.

3 Tage Klausur mit Reflektion, intensiven Diskussionen, gemeinsamer Zielentwicklung, viel Dialog und kreativen Arbeitsformen. Und natürlich mit einem gemeinsamen Abend an der Bar.  Wie sonst auch – nur eben remote. Geht nicht? Haben viele gedacht.

Ging aber doch – das hat der Geschäftsführer der CAB, Thomas Buckler, am Ende der Klausur ganz wunderbar so in Worte gefasst:

„Also – mal ehrlich.
Wenn uns vor einem Jahr jemand gesagt hätte,
wir machen unsere Strategieklausur zweieinhalb Tage remote,
das hätten wir doch nicht geglaubt, dass das überhaupt funktioniert.
Jetzt sitzen wir hier und haben ein wirklich gutes Fazit.
Das macht mich stolz und froh.“

Wie uns das gelungen ist?  Wie wir vorgegangen sind und welche Zutaten nützlich waren, lesen Sie hier in Kurzform und können Sie im Podcast hören.

Vieles davon lässt sich auch für kürzere Formate nutzen. Lassen Sie sich inspirieren.

Vorbereitung ist alles

Dass wir die Strategieklausuren gut vorbereiten – das war auch in den Vorjahren schon so. Für eine reine Remote-Klausur gilt das in besonderem Maße.

Nicht nur wir im Moderatorenteam (Andrea Zerotzki und ich) hatten eine Menge mehr vorzubereiten. Wo man sonst 4 Pinnwände bestellt und die im Laufe der Tage füllt und dokumentiert, galt es eine virtuelle Pinnwand (Conceptboard) einzurichten, die richtigen Tools auszuwählen und vorzubereiten und den Ablauf inkl. möglicher technischer Komplikationen intensiv vorzubereiten.

Doch auch seitens des Auftraggebers war eine Menge zu tun. Nach der Konzeption und Entscheidung wurden alle Teilnehmer über unser Vorhaben informiert und zu einem Vorbereitungstermin eine gute Woche vor Klausurstart eingeladen.

Die IT hatte alle mit einer Teams-Lizenz und Laptop ausgestattet, zum Testtermin sollte jeder an dem Ort sein, von dem er oder sie an der Klausur teilnehmen wollte. Zweiter Bildschirm und das relevante Handynetz inklusive. Während die meisten Teilnehmer von zuhause aus dabei waren, mussten manche mangels leistungsfähigem Internet einen Arbeitsplatz im Unternehmen nutzen. Ein Teilnehmer hat sich sogar für die Klausurtage tagsüber ein Hotelzimmer angemietet. Das Hotel hatte das Arbeiten aus dem Hotelzimmer als ungestörte Homeoffice-Alternative als Geschäftsidee aus der Not geboren – und wir profitierten davon.

Beim Vorbereitungstermin konnten wir uns die Zeit nehmen, allen die Technik und die Tools zu erklären, zu zeigen und bei Problemen gemeinsam mit der Kunden-IT zu helfen. Für die Klausur sollten dann alle Teilnehmer eine Aufgabe auf der virtuellen Pinnwand vorbereiten.

Das hat – das kann man vorwegnehmen – bestens funktioniert. Ausnahmslos alle Teilnehmer waren reibungslos und nahezu pannenfrei die gesamte Zeit fokussiert an Bord. Von ohnehin digital-affinen Pionieren bis hin zu Personen, die sonst eigentlich eher formuliert hätten „Ach, ich mag das online nicht so. Sollen das mal andere machen…“

Ein paar Tage vor der Klausur klingelte dann der Postbote bei den Teilnehmern und lieferte ein recht großes Paket vom Arbeitgeber ab…

Zutaten für eine erfolgreiche Remote-Klausur

Es waren eine Menge verschiedener Tools und Zutaten, die wir genutzt haben.
Eine Auswahl:

Videokonferenz mit allen Facetten
Schon die ganz normalen Videokonferenzlösungen wie Zoom oder MS-Teams (unsere Lösung im Falle der CAB) können viel mehr, als die meisten Nutzer in Anspruch nehmen. Gruppenarbeiten in Breakout-Rooms, verschiedene Formen der Abstimmung, Whiteboards, Präsentationen. Das stellte die Basis dar.

Pinnwand ad libitum
Stellen Sie sich mal vor, Sie fragen im Tagungshotel, ob sie die Pinnwände noch 3 Wochen im Raum stehen lassen und ergänzen könnten 😉 😉 😉.

Unsere digitale Pinnwand ist heute noch zugänglich. Darauf sind alle Arbeitsschritte und -ergebnisse nachvollziehbar dokumentiert. Man kann zoomen und auf einer unbegrenzten Fläche arbeiten.
In der Praxis konnten Gruppen per Video in der Gruppenarbeit diskutieren und am zweiten Bildschirm auf der gemeinsamen Arbeitsfläche Konzepte entwickeln, das letzte Jahr bewerten oder Zukunftsbilder zeichnen. Wie in echt – nur smarter.

Ein Paket voller Überraschungen – analoge Zutaten für digitale Formate
Vom Paket haben wir schon gesprochen. Das durfte erst bei der Klausur richtig ausgepackt werden. Darin fanden sich gesunde Sachen wie Apfel und Banane. Der Sekt sollte gleich zum Start kaltgestellt werden. Schreibutensilien, Süßigkeiten und Spielsachen – eine interessante Mischung…

Lego – Bausteine für Zukünfte
Besondere Irritationen löste naturgemäß das kleine Päckchen Lego-Steine aus. Natürlich hatte auch das seine Funktion. Entsprechend des Konzeptes des „Lego-Serious-Play“® hatten die Teilnehmer die Aufgabe, die wichtigste gewünschte Veränderung der Organisation bis 2030 als Figur zu bauen.
Die Ergebnisse wurden dann in die Kamera gehalten und erläutert. Per Screenshot wandern die Ausstellungsstücke in digitaler Form direkt auf die virtuelle Pinnwand. Daher kommt auch das eine Beispiel aus dem obigen Titelbild.

Immer in Bewegung bleiben
Wer bei Videokonferenz an endloses Sitzen vorm PC denkt, hat daran natürlich keinen Spaß. Wir haben genügend Pausen eingebaut, Teilnehmende immer mal wieder zum Bewegen, Rumlaufen, etc. aufgefordert.
In Klausuren wichtig sind Dialoge mit einem ausgewählten Partner unter den Teilnehmenden. Manchmal schicken wir Teilnehmer bei schönem Wetter dann auch zu einem Spaziergang raus. Sogar das geht remote. Glauben Sie nicht?
Na, jeder hat doch ein Handy. Also tauschen 2 Personen ihre Nummern aus und gehen eine halbe Stunde mit einer Fragestellung spazieren. Dabei telefonieren sie miteinander und der gemeinsame Seminar-Waldspaziergang ist fertig. Remote und ohne Infektionsgefahr.

Externe Impulse jenseits von Zeit und Raum
Gerade bei weiter in die Zukunft reichenden Fragestellungen helfen gute Inputs von außen dem Denkprozess auf die Sprünge. Auch analog hätten wir den einen oder anderen Gast eingeladen und Impulse integriert. Durch das Remote-Format war das sogar noch leichter. So konnten Gäste eigebunden werden, deren Beitrag sonst sehr viel aufwändiger oder qua Entfernung gar nicht möglich gewesen wäre. Auch Video-Impulse trugen ihren Teil zur Inspiration bei. Die Präsentationen wie auch die Auswertungs-Ideen waren auch hier in kurzer Zeit wieder auf der virtuellen Pinnwand. Besser, schneller und nachvollziehbarer als ich das jemals bei Live-Veranstaltungen erlebt habe.

Viele Ideen in kurzer Zeit
Braucht man viele Ideen, eignen sich digitale Umfragetools wie Mentimeter. So konnten wir Ideen in ganz kurzer Zeit von allen einsammeln. Per Handy oder Tablet eingetippt, sehen alle in der Videokonferenz in Echtzeit die Ideen der anderen. Per Knopfdruck sind die gesammelten Ergebnisse exportiert, alles ist lesbar  und auf der digitalen Pinnwand dokumentiert.

Wo ist die Bar?
Der abendliche Austausch gehört zu solchen Events dazu. Auch daran war gedacht. Sogar ein Foto der Bar des eigentlich vorgesehenen Hotels hatten wir als Hintergrund in die virtuelle Bar hinterlegt. Via Wonder, eine digitale Plattform, die es ermöglicht, zwanglos von Teilnehmer zu Teilnehmer in virtuelle Gesprächsrunden zu „wandern“ konnte sogar ein bisschen zwangloses Barfeeling  erzeugt werden.

Ok. Es ging nicht ganz so lange, die Drinks musste man sich selbst vorbereiten. Aber für einen ausführlichen Austausch und ein gemeinsames Gläschen Sekt reichte es allemal.

Was lernen wir daraus?

Alles in allem sind wir gemeinsam wirklich stolz und froh, dass die reine remote-Klausur so gut geklappt hat. Besonders über die Resonanz der zunächst reservierten und weniger Online-erfahrenen Führungskräfte haben wir uns gefreut. Der Mut und die Offenheit, dieses ambitionierte Vorhaben so anzugehen, ist vorbildlich. Da können sich viele Führungskräfte ein paar Scheibchen abschneiden 😉.

Dennoch werden Klausuren wenn möglich weiterhin in analogen Formaten stattfinden. Das darf und soll ja auch so sein. Doch wenn das nicht möglich ist, stehen Alternativen zur Verfügung. Darauf kann man jederzeit zurückgreifen. Das macht resilient und hält handlungsfähig. Für Organisationen, deren Teilnehmer räumlich weit voneinander entfernt sind, bieten diese Methoden die Gewähr, Nähe und Verbundenheit sowie gutes gemeinsames Arbeiten trotz räumlicher Entfernung erzeugen zu können.

Die Herausforderung der Zukunft wird sein, das beste aus beiden Welten in hybriden Formaten zusammenzuführen. Das ist vor allem technisch eine Herausforderung. Aus der Ferne zugeschaltete Menschen müssen genauso gut an Bord sein wie diejenigen im Seminarraum. Spätestens an der Bar wird die Challenge der Gleichwertigkeit zwischen offline und online dann ambitioniert. Da müssen wir vermutlich noch ein bisschen warten, bis das Metaverse normal geworden ist… .

Sie wollen mehr zum Thema Strategieklausuren wissen?
Hier gibts einen Blogbeitrag zu einem weiteren Beispiel: Strategieklausur in der Sonne Mallorcas
Was Strategieklausuren bewirken können können Sie in diesem Beitrag nachlesen: Mit Strategieklausuren zu Wir-Gefühl und Umsetzungspower

Podcast – Drei Tage Strategieklausur remote? Ein Fallbeispiel.

Ein inspirierendes Fallbeispiel und ein Beweis dafür, dass der Erfolg einer Tagung nicht von offline oder online abhängt. Entscheidend ist, wie man es macht. Inkl. Teilnehmerstimmen! Reinhören und inspirieren lassen.

89 – Strategieklausur Remote

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2022-10-18T11:56:01+02:00
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