Was will ich wirklich?!

Ich hab´ in der Elbphilharmonie gesungen.
Echt.
Nein, nicht schön und nicht solo.

Aber mit 1.000 Mit-Teilnehmern an der New Work Experience 2022 – als coole Einstimmung in Tagung.
Was wir gesungen haben? Von „We will rock you“ bis Max Giesinger – Karaoke für alle.

Die Botschaft: „Singen Sie gerne, singen Sie laut. Singen Sie falsch. Hauptsache mit Spaß.“
Na, den hatten wir 😉.

Schnell entsteht eine schöne Stimmung in einem besonderen Veranstaltungsort. Was dort sonst erklingt, spielt natürlich akustisch in einer anderen Liga. Wie das klingen kann, zeigte am Ende der Veranstaltung Alexander Krichel. Der Echopreisträger und Pianist von Weltrang ließ die „Bilder einer Ausstellung“ am Flügel erklingen – großartig.

Anders als sonst, gab es diesmal Vorträge, Workshops und Networking in der Elbphilharmonie . Die nwx22 ist das führende Event rund um New Work in Deutschland. Ausgerichtet von der New Work SE – den meisten besser bekannt als XING AG, wie die Firma vor der Umbenennung hieß.

Die Elbphilharmonie als Tagungsort hat besonderes Flair – aber man muss echt gut zu Fuß sein. Ich weiß nicht, wie viele tausend Stufen ich an diesem Tag im Eiltempo überwunden habe, um zu den verschiedenen Workshops und Vorträgen zu gelangen.

Auf dem Weg in die Sinngesellschaft

So schön der Rahmen war – das Eigentliche sind natürlich die Inhalte und die Menschen, wegen denen ich meine Kongressreise direkt von Berlin nach Hamburg weitergeführt habe.

Nach der Veranstaltung #rc22 in Berlin in den Tagen davor mit dem Schwerpunkt auf Recruiting und Employer Branding lag hier in Hamburg der Fokus auf Unternehmenskultur im weitesten Sinne.

Wie kann „new work“ gelebt werden?

Wie entwickelt man eine moderne Arbeitskultur im „neuen Normal“?
Wie kann eine angemessene Organisationsstruktur aussehen – bis hin zu neuen Eigentumsmodellen?

Zuletzt live fand das eigentlich jährlich geplante Event 2019 statt. Das war auch meine Premiere und aus den Impulsen und Kontakten dort sind etliche Aspekte in mein Buch eingeflossen.

Auch dieses Mal konnte ich viele Erkenntnisse mitnehmen, gute neue Kontakte schließen und vertiefende Gespräche führen. In dem einen oder anderen Podcast-Interview in den nächsten Monaten werden Sie mehr dazu hören.

Ein paar zentrale Erkenntnisse habe ich hier für Sie zusammengestellt.

Bei den Berichten über solche Events stehen oft die großen Namen im Vordergrund.
Richard David Precht zeigte die großen Linien in der Transformation von der Arbeits- zur Sinngesellschaft auf. Das ist immer wieder ein intellektueller Genuss, ihm zuzuhören. Auch im persönlichen Gespräch kann man den Diskurs auf sehr angenehme Art fortsetzen.

Als Kontrastprogramm war Wolfgang Grupp eingeladen. Sicher eher als Projektionsfläche und Gegenpol. Aber was soll ein Unternehmer seiner Biografie mit einer Firma mit 95 % Produktionsmitarbeiter mit new work anfangen?

Thomas Sattelberger überreichte die New-Work-Awards, John Strelecky inspirierte mit seinen Storys aus dem Café am Rande der Welt.

So inspirierend diese großen Linien auch sind, für mich viel interessanter sind die konkreten Beispiele und Strategien, die nicht ganz so im Rampenlicht stehen und der Austausch mit anderen Teilnehmern.

New Work

Wenn die Veranstaltung schon so heißt, sollte ich vielleicht nochmal was zu dem buzzword sagen.

Begründet wurde der Begriff von dem Sozialphilosophen Frithjof Bergmann. Statt die Arbeit als Mittel zum Zweck zu sehen, rücken der Mensch und seine Bedürfnisse in den Vordergrund. Ein zentraler Satz von Bergmann:

„Finden Sie heraus, was Sie wirklich wirklich tun wollen.“

Das doppelte „wirklich“ ist dabei das Entscheidende.

Nimmt man diese Haltung ernst, ergeben sich einige Konsequenzen:
Menschen übernehmen selbst weitgehende Verantwortung für Ihre Arbeit.

Statt „alter“ Führung braucht es eine Führung, die Raum schafft und Entwicklung unterstützt.
Statt klassischer Organisationsformen werden Selbstorganisation und Agilität gefördert. Selbst vor der Unternehmensstruktur macht der Ansatz nicht halt. Warum sollen Unternehmen nicht ganz oder teilweise den Mitarbeitenden gehören?

Wie immer bei solchen gehypten Begriffen lohnt sich der differenzierte Blick. Da gibt es hoch interessante Ansätze genauso wie gute alte Prinzipien in neuer Verpackung.

Drei Aspekte zogen sich wie ein roter Faden durch die Veranstaltung:

Menschen – Steht der Mensch im Mittelpunkt, steigen die Anforderungen

Richard David Precht hat es auf den Punkt gebracht: In einer Sinngesellschaft nicht zu wissen, was man im Leben erreichen will – also ohne Sinn zu sein, kann sich schlimmer anfühlen als in einer Arbeitsgesellschaft ohne Arbeit zu sein.

In vielen Workshops fand ich hier Bestätigung für unsere Überzeugungen. Es gilt, eigenverantwortlich zu agieren, sich selbst achtsam weiter zu entwickeln und einen echten Beitrag zur Unternehmensaufgabe zu leisten. Das fordert Menschen zur Entwicklung von Kompetenzen des kontinuierlichen Weiterlernens, der persönlichen Entwicklung und der Resilienz im Umgang mit Stress und hohen Anforderungen.

Mindestens genauso herausfordernd, wie das Erlernen neuer Inhalte – für Digitalisierung, agile Methoden oder fachliche Kompetenzen ist das Gegenteil. Wie schaffen wir es, alte Denkmuster zu „entlernen“. Das gilt für das Individuum wie für das ganze Unternehmen. Hier gab es viele interessante Ansätze.

Systeme – Wie sich die Haltung mit dem Eigentum verändert

Will man den Geist von new work im Unternehmen verankern, muss sich das System verändern.

Soziologe Prof. Dr. Kühl geht dabei sehr weit. Sinngemäß sagt er:

„Will man die Unternehmenskultur verändern,
ist der einzige veränderbare Ansatz die Aufbau- und Ablauforganisation.“

Man hat keine Garantie, kann aber hoffen, dass sich die Kultur dann in die erhoffte Richtung verändert.
Interessante Ansätze fand ich in Beispielen von Unternehmen, die Eigentum in die Hände der Mitarbeitenden verlagern – z.B. als Genossenschaften.

Die Geschäftsführerin eines Softwareunternehmens mit über 200 Mitarbeitern gab mir im langen Gespräch interessante Einblicke. Das wichtigste aus Ihrer Sicht: Die Menschen kommen anders ins Unternehmen, wenn sie neben der Mitarbeiter-Rolle auch Gesellschafter und damit Miteigentümer sind. So kann eine neue Qualität von Augenhöhe entstehen.

Das hat mich sehr bestärkt in unserer Hypothese, dass die Systeme viel stärkere Auswirkungen haben als das Verhalten einzelner Menschen. Die Botschaft: Verändert die Unternehmenssysteme und -strukturen. Sind diese förderlich, verhalten sich Menschen auch eher wie gewünscht.

Räume – wenn aus Arbeitsräumen Absichtsräume werden

Besonders erkenntnisreich fand ich einen Vortrag mit den Erkenntnissen der Studie „Die Macht des Raums“. Birgit Gebhardt hat sehr grundlegend durchleuchtet, welche Funktionen Räume für Menschen beim Arbeiten haben, was sich verändert und wie Arbeitsräume der Zukunft aussehen werden.

Was so konzipiert als Büros der Zukunft entsteht, erinnert eher an die kommunikativen Strukturen des Marktplatzes als an klassische Büros. Werden die Arbeitsprozesse immer digitaler, prognostiziert sie, dass die Büros möglichst natürlich sein werden: natürliche Materialien, Holz, viel Grün im Büro.

Das Thema werde ich mit ihr vertiefen. Falls bei Ihnen Neubau oder Umbau anstehen – warten Sie noch ein bisschen 😉.

Ein Highlight war dieser Workshop auch deshalb für mich, weil er im neuen Büro der new work SE stattfand. Dieses Büro wurde kurz vor der Pandemie übernommen und grundlegend neu eingerichtet.

Inspirierend waren nicht nur die Räume, sondern auch die Vorgehensweise. Die Planung wurde in weiten Teilen mit den Mitarbeitern gemeinsam entwickelt. So entstand eine unglaublich hohe Identifikation mit der Arbeitsumgebung. Räume haben Paten, wurden von Teams selbst eingerichtet.

Spontan konnten wir bei einer Führung die Ergebnisse bewundern. Unterschiedliche Zonen – zum kreativen Arbeiten, zum Präsentieren von neuen Konzepten, zur kontinuierlichen Verbesserung bis hin zum entspannten Reflektieren. Kaffee- und Kommunikationszonen wechseln ab mit Musik- und Proberaum. Mancher Raum mutet eher wie ein privates Wohnzimmer an. Genau das aber zeichnet Büros von Morgen womöglich aus.

Aus dem Arbeitsraum wird ein Absichtsraum. Will ich kommunizieren und mich austauschen, suche ich andere Räume auf als wenn ich konzentriert arbeiten will. Einzelne wie Teams suchen sich die Umgebung, die für die aktuellen Vorhaben am besten passt. Räume beeinflussen Menschen.

Für die New Work SE funktioniert das jedenfalls bestens.

Klar, das Gebäude in Spitzenlage am Hamburger Hafen mit Dachterrasse, lichtdurchfluteter Halle und inspirierender Einrichtung ist ein Pfund. Mitarbeiter zeigen Freunden und Familie stolz die Räume, besondere Locations können für private Feiern genutzt werden. Das ist natürlich auch ein Trumpf auf dem Arbeitsmarkt. Bewerbungen hat das Unternehmen jedenfalls mehr als genug.

Klar – wenn mobiles Arbeiten ein fester Teil des „Neuen Normals“ ist, ändern sich die Anforderungen an Büros völlig. Sie kennen ja meinen Slogan „Hässliche Büros braucht kein Mensch mehr“.

Podcast – Recruitingtrends von der #rc22

Ein Bericht vom Recruitingfestival #rc22 in Berlin: Impulse aus über 100 Vorträgen und Workshops. Trends und 5 Kurzinterviews voller Ideen für Sie.

Hören Sie rein in diese Podcastfolge, es lohnt sich!

2022-09-09T11:43:52+02:00
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