Lassen Sie Experten Fachexperten werden
Außergewöhnliche Unternehmer- und Erfolgsgeschichten fand ich immer schon inspirierend.
Zum Thema „Fachexperte“ von heute dachte ich direkt an eine ganz alte: die vom berühmtesten
und wohl bestbezahlten Feuerwehrmann der Welt: Red Adair. Er ist für mich der Inbegriff eines
absoluten Experten.
Wo andere Feuerwehrleute mit ihrem Latein am Ende sind – da fängt er erst an.
Fasziniert von seinem Thema hat er tausende Brände gelöscht. Mit konventionellen und unkonventionellen Löschmethoden.
Er hat alles mögliche probiert. Experimentiert. Und dabei immer mehr gelernt.
Richtig berühmt wurde er mit brennenden Gasquellen. Die lassen sich nicht einfach löschen.
Man nannte sie die „Feuerzeuge des Teufels“. Brennende Gasfackeln als höllische Brandungetüme. Heizen den umgebenden Sand in der Sahara so auf, dass man überhaupt nicht in die Nähe konnte.
Alle sagen: „Kann man nix machen“.
Nur einer nicht. Red Adair steuert einen Bulldozer mit einer riesigen Sprengladung in der Schaufel
auf die Fackel zu, klemmt das Gaspedal nach unten, springt ab und zündet die Ladung.
WUMMS.
Bulldozer samt Sprengladung detonieren mit ohrenbetäubendem Lärm. Explosion und Druckwelle pusten die Fackel aus und die Tagessätze von Red Adair in atemberaubende Höhen.
Ein sinngemäßer Spruch von ihm:
If you think it’s expensive to hire a professional to do the job,
wait until you hire an amateur.
Warum erzähle ich Ihnen das?
Red Adair ist ein extremes Beispiel eines Experten. Er brennt für sein Thema (😉 sorry, das Wortspiel war echt unbeabsichtigt) . Dem ordnet er alles unter. Kann zu jeder Tages- und Nachtzeit daran arbeiten. Fordert sich und andere, lernt ständig dazu und ist voll in seinem Thema. Immer. Und kann, was wenige können. Geht nicht, gibt´s nicht. Unmöglich? Das wollen wir doch mal sehen.
Das liegt nicht jedem. Das ist auch nicht einfach für die Menschen im Umfeld.
Meistens sind solche Menschen so in ihrem Thema fokussiert, dass sie wenig Kopf für anderes haben.
War Red Adair eine gute Führungskraft? Nach allem was man so lesen kann, eher ein exzentrischer Macho mit reichlich Macken.
Gut. Das ist ein schrilles Beispiel.
Vermutlich haben Sie keine solchen Gasfackel-Löscher in Ihrer Firma. Aber vielleicht geniale Programmierer, begnadete Entwickler, brillante Vertrieblerinnen und leidenschaftliche Excel-Tabellen-Zauberer?
Lasst Experten Experten sein
Und damit kommen wir zum Problem.
Klassisch organisierte Firmen ähneln einer Pyramide. Auf viele motivierte Mitarbeiter kommen wenige Führungspositionen – und die sind oft die einzigen Wege zu mehr Bedeutung, Gehalt und Status.
Das ist gleich mehrfach ein grandioses Problem:
Wer weiterkommen will, muss Führungskraft werden. Also sagt man nicht nein.
Die Folge: Menschen, die viel lieber als Experte in ihrem Thema bleiben würden, finden sich in einem Führungsjob wieder. Statt ihrer Lieblingsbeschäftigung nachzugehen, müssen sie jetzt die Stimmung im Team steuern, neue Leute einarbeiten und Kapazitäten planen.
Sie haben weniger Zeit für Ihren geliebten Fach-Job.
Das Ergebnis ist Frust auf allen Seiten. Unsere Experten-Führungskraft leidet und hat wenig Lust auf den Führungsanteil der Arbeit. Wenn möglich, drückt man sich um schwierige Gespräche und löscht lieber brennende Ölfelder. Da gibt es Heldenpunkte, der Beifall ist sicher.
Bei Feedbackgesprächen ist das nahezu ausgeschlossen.
Im Ergebnis sind ganze Teams nicht oder schlecht geführt und frustriert. Gehen in innere Kündigung oder gleich ganz.
Wie Führungskräfte „gemacht“ werden
Verstärkt wird das Ganze noch durch den früher noch weiter verbreiteten Trend, vor allem Menschen mit hoher Fachkompetenz in Führungspositionen zu befördern. Nicht dass Kompetenz schädlich wäre – aber für eine Entscheidung zu einer Führungsaufgabe ist sie nur ein Aspekt. Lust auf die Auseinandersetzung mit Menschen und deren Entwicklung, kommunikative Fähigkeiten und die Bereitschaft, sich selbst zu reflektieren, sind genauso relevant.
Umgekehrt sind die Fachleute und Knowhow-Träger natürlich wichtig. Müssen auch berücksichtigt werden bei Gehaltsentwicklung und Status. Vor allem dürfen sie nicht verloren gehen. Denn in Zeiten verschärften Fachkräftemangels werden die Red Adairs aus den Teams immer aggressiver abgeworben.
Perspektiven jenseits von Führungspositionen? Fehlanzeige.
Sie merken: da haben wir den Salat. In vielen Firmen gibt es viel zu wenige Entwicklungsperspektiven und nur einen Karriereweg: Teamleiter, Abteilungsleiter, Geschäftsführer.
Das ist schon lange ein Problem. Mit zunehmendem Druck im Arbeitsmarkt wird das zum entscheidenden Wettbewerbsnachteil.
Vorträge, die begeistern und Wirkung zeigen
Fachkräftemangel, Digitalisierung, New Work – der Wandel der Arbeitswelt stellt alte Sicherheiten in Frage. Jammern hilft nicht. Strategie schon.
Bringen Sie Zuversicht und Motivation in die Köpfe und Herzen Ihrer Zuhörer. Mit Vorträgen, die begeistern, ermutigen und zum Handeln anstiften. Provokant und relevant für alle, die Verantwortung für Unternehmen und Mitarbeitende tragen.
Verschiedene Typen, verschiedene Wege
Dabei ist die Lösung gar nicht so schwierig. Zumindest was die Grundidee angeht.
Schaffen Sie mehrere Karrierewege.
Wer führen will und kann, steuert in die Führungskarriere und wird auf dem Weg dahin und in der Rolle professionell gecoacht und geführt. Das sorgt für gute Führung, hohe Identifikation und Produktivität. Damit halten Sie Ihre Talente und strahlen als guter Arbeitgeber nach außen.
Für die Experten schaffen Sie einen zweiten Karriereweg – die Fachkarriere. Mit steigendem Kompetenzniveau können Experten Gehalt, Entscheidungsfreiräume und Mitwirkungsmöglichkeiten steigern. So kann der führende Experte genauso gut bezahlt und ausgestattet werden wie der Abteilungsleiter. Warum soll nicht ein genialer Softwareentwickler als Top-Experte in der Geschäftsleitungsrunde in der Strategieentwicklung Sitz und Stimme haben?
In vielen Firmen bietet sich dann noch ein dritter Karriereweg an als Projektleiter – die Projektkarriere. Alle 3 Karrierepfade erfordern andere Kompetenzen. Sind diese Rollen und die mit ihnen verbundenen Anforderungen sauber geklärt, trennt sich oft schon die Spreu vom Weizen. Die meisten Menschen können dann gut einschätzen, für welche Rolle sie geeignet und motiviert sind.
Wird das dann gekoppelt mit klugen Talent-Management-Programmen, können sich sehr viel mehr Menschen auf aktive Karrierewege INNERHALB Ihres Unternehmens begeben als bei klassischer Struktur.
Da finden sich die Entwicklungsperspektiven nämlich allzu oft nur in anderen Firmen – und Sie haben das Nachsehen.
Karrierewege als Produktivitätsbooster
Die Effekte sind riesig – und schier unbezahlbar.
Die Wirkung von besserer Führung wäre allein schon unbezahlbar.
Dazu steigern Sie die Anerkennung und Perspektive für die Experten. Die Aussicht auf dauerhafte Verbesserung der eigenen Situation (mehr Geld, eigene Budgets, Mitsprache, etc.) und vor allem das Gesehen-Werden als zentraler Erfolgsfaktor des Unternehmens schaffen langfristige Motivation, Identifikation und Bindung zum Unternehmen. Wenn Sie Ihre Leistungsträger halten (und begeistert halten), haben Sie einen unbezahlbaren Wettbewerbsvorteil.
Wer alle paar Jahre seine besten Köpfe verliert, hat dagegen keine Chance.
Ein oft unterschätzter Effekt kommt hinzu. Führen Sie ein solches Karrieresystem ein, bringen Sie im positiven Sinne Bewegung in die Organisation – im Idealfall ohne gute Leute zu verlieren.
Denken Sie an unsere Red Adairs im Führungsjob. Das fühlt sich oft an wie eine Falle. Zurück aus der Rolle geht meist nicht, wäre das doch mit erheblichen Gehalts- und Ansehensverlusten verbunden. Mangels Alternative leiden die meisten weiter – und ihre Teams auch.
Mit einer attraktiven Fachkarriere eröffnet sich auf einmal eine Alternative: so können Führungskräfte in eine entsprechende Fachkarriere-Stufe umsteigen. Gesichtswahrend. Unser Red Adair darf wieder neue Löschmethoden ausprobieren – und für richtig gute Führung wird eine Stelle frei.
Logisch, dass solche Firmen auch auf dem Arbeitsmarkt ein großes Plus haben. Die Frage nach den Entwicklungsmöglichkeiten im Unternehmen wird immer wichtiger. Wer Bewerbern hier eine Fülle von Wegen anbieten kann, ist klar im Vorteil.
Klingt fast zu schön, um wahr zu sein, oder?
Vorsicht Falle
Ja – und leider muss noch etwas Wasser in den Wein.
Denn so einfach dieses Konzept klingt, so kompliziert und mit Risiken und Gefahren verbunden ist die gekonnte Umsetzung.
Allzu leicht wird eine hemdsärmelig geschaffene Expertenstelle als Versorgungsjob für eine ungeliebte Führungskraft missverstanden (oder entlarvt 😉).
In der Podcastfolge gehe ich auf wichtige Aspekte ein – zumindest kurz angerissen.
Wenn Sie solche Strukturen bei sich einführen wollen, denken Sie bitte an das Zitat von Red Adair mit den Profis und den Amateuren: Zu groß sind Zahl, Komplexität und Tragweite der Risiken. Vieles will gut durchdacht sein, sonst kann es richtig teuer werden. Ein paar Aspekte:
• Wieviele und welche Stufen gibt es in der Fachkarriere?
• Welche Kompetenzen muss jemand pro Stufe mitbringen und wie unterscheiden sich die Stufen nachvollziehbar?
• Wie erfolgt die Einstufung der vorhandenen Mitarbeiter in die verschiedenen Kompetenzlevels?
• Klingt banal, kann aber ernsthaft schwierig sein: Wie heißen die Jobs? Chefingenieur, Senior expert oder chief technology evangelist?
• Wie fügen sich die neuen Stellen und Stufen in unser Gehaltssystem ein?
Wäre das nicht schon genug, kommen bei der Einführung noch einige Challenges dazu: Wie kommuniziert man das so, dass sich niemand zurückgesetzt fühlt? Wie nehmen wir die Führungskräfte mit? Was heißen verbesserte Karrieremöglichkeiten für unsere Personalbudgets?
Will ich Sie damit abschrecken? Nein. Nur sensibilisieren für mögliche Fallen, die in diesem Thema tatsächlich reichlich lauern.
Trotzdem – es lohnt sich
Mit unüberlegtem Aktionismus kann man viel kaputt machen. Und ja – eine solche Neuausrichtung der Karrierewege ist eine Investition in die Struktur des Unternehmens. Mindestens so wichtig wie eine neue Produktionsanlage oder eine leistungsfähige ERP- oder CRM-Software.
Der Investition und dem Umstellungsaufwand gegenüber steht auch der Aufstieg in eine andere Kategorie der Arbeitgeberattraktivität. Das zahlt sich aus.
Wer nicht in seine Struktur investiert und zu wenige und ungeeignete Entwicklungswege anbietet, wird weiter suboptimale Führung tolerieren, Experten verlieren und anspruchsvolle Talente nicht gewinnen.
Das muss man sich leisten können.
Podcast – Mehr als nur Führung. Karrierewege für Experten
Oft stellen die wenigen Führungspositionen die einzigen Karrieremöglichkeiten dar. Die Folge: Wer weiterkommen will, bemüht sich um die Teamleiter- oder Abteilungsleiterstelle. Da stecken dann Menschen in Führungspositionen, die viel lieber Experten geblieben wären. Die Lösung: mehr Perspektiven durch alternative Karrierewege – allen voran die Fachkarriere. Wie das gehen kann und wo die Stolpersteine liegen, hören Sie hier.
Hi ich bin Stefan und schreibe hier für großartige Arbeitgeber und eine bessere Arbeitswelt.
Ich bin selbst Unternehmer, motiviere als Keynote Speaker und begleite als Sparringspartner.
Fachkräftemangel? Jammern hilft nicht. Kluge Strategien schon.
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