Stefan’s Blog

„Work-Life-Balance“ ist doof.

„Work-Life-Balance“ ist doof.

Haben Sie schon mal über eine „Geldscheine – Geld – Balance“ oder eine „Bäume-Wald-Balance“ nachgedacht?

Vermutlich nicht – das sind ja auch sinnfreie und logisch völlig unkorrekte Wortkombinationen. Warum, frage ich mich, hält sich der blödsinnige Begriff der „Work-Life-Balance“ so hartnäckig?

In der aktuellen Podcastfolge rücke ich diesem Begriff zu Leibe. Ok – vielleicht in mancher Hinsicht etwas hart. Schließlich steckt ja eine gute Absicht dahinter. Meint man doch meist einen irgendwie gesunden Ausgleich zwischen Arbeit und Privatleben.

Doch es ist nicht nur der ins Auge springende Unfug, einen wesentlichen Teil des Lebens – die Arbeit – gegen das Leben insgesamt in eine wie auch immer geartete Balance bringen zu wollen.

Warum Abgrenzung der Sphären doof und die Verschränkung für alle ein Gewinn ist

In der Verwendung des Begriffs stecken noch ganz andere Vorannahmen mit fatalen Folgen. Meist versteht man unter der Work-Life-Balance eine Einhegung der Arbeit in einen festen Zeitblock – meist 9-to-5 von Montag bis Freitag. Alle andere Zeit soll bitte schön für das private „Life“ übrig bleiben.

Das ist nachvollziehbar in einem Arbeitsverständnis, bei dem die Arbeit anstrengend, fremdbestimmt und hart ist.

Bei gut geführten Firmen und anspruchsvollen Jobs brauchen wir Menschen, die mit Engagement und Eigenverantwortlichkeit einer sinnvollen Tätigkeit nachgehen. Der Ansatz oben wäre hier völlig fehl am Platz. Wollen wir uns doch als Menschen entwickeln, beweisen, einen Beitrag leisten.

Das Verständnis der eingehegten Bündelung der Arbeit auf die klassischen Zeitfenster führt zur absurden Situation, dass man wegen der starren Arbeitsanforderungen zu Zeiten am Arbeitsplatz sein muss, zu denen manche Menschen noch gar nicht leistungsfähig sind. Dann kämpft man mit dem Suppenkoma zu Mittag und verbringt die Zeit, in der die Sonne scheint, in Büros. Um dann mit dem kargen Rest des Tages noch möglichst viel Privatleben unterzubringen – wenn man dann die Energie dazu noch hat.

Pandemiebedingt haben viele Menschen erstaunt entdeckt, was Selbständige und Pioniere des flexiblen Arbeitens schon seit Jahren wissen. Freieres Arbeiten z.B. im Homeoffice kann viel produktiver sein. Man spart Reisezeiten, kann erholsamere Mittagspausen machen, sich mittags zwei Stunden um Kinder und Garten kümmern oder joggen und dafür am späteren Nachmittag mir frischerem Kopf nochmal was wegschaffen.

Statt starrer Abgrenzung unter dem Vorwand der „Work-Life-Balance“ ist es viel klüger, beide Sphären klug zu kombinieren, zu verschränken.

Der Witz dabei: Das steigert die Lebensqualität UND die Produktivität.

Miss-Verständnis „Balance“ – nicht Gleichmäßigkeit ist gefragt, sondern Abwechslung

Ein weiteres folgenschweres Missverständnis liegt in der Interpretation des Begriffs „Balance“. Natürlich unterscheiden sich die Ansprüche unterschiedlicher Menschen. Braucht die eine mehr Routine und Gleichförmigkeit, sucht der andere nach möglichst viel Abwechslung.

Gesund und glücklich machen uns eher selten die völlig gleichmäßigen Zeiten. Im Gegenteil: werden die Ausschläge eines gesundes Rhythmus zu gering, endet das Leben, oder wird zumindest fad. Lebendigkeit braucht einen gesunden Rhythmus. Braucht den Wechsel zwischen Anspannung und Entspannung. Zwischen fokussierten Zeiten und entspanntem Loslassen. Die Ausschläge trainieren und stärken Lebenskraft.

Wenn Sie in Ihrem Leben zurückdenken und sich fragen, was Ihre bisher besten Zeiten und Phasen waren – die meisten von uns denken dann gerade eher nicht an die ausgeglichenen, gleichförmigen Lebensphasen. Es sind oft Phasen, in denen wir besonders gefordert waren. In denen wir über eine gewisse Zeit richtig viel geleistet haben – im Beruf, beim Hausbau, auf einer Reise, bei einem Hobby.
Oder auf  der anderen Seite des Pendels sind uns die Zeiten in Erinnerung, die besonders erholsam und inspirierend waren. Die Wanderung über die Alpen, die Schweigewoche im Kloster oder der Bootstrip auf See.

Die wirkliche Balance ist die zwischen Fokus und Entspannung

Die wirkliche Balance ist die zwischen Fokus und Entspannung, zwischen konzentriertem Leisten und inspirierendem Loslassen. Die Unterscheidung zwischen Arbeit und Privatleben ist dabei willkürlich und überflüssig. Ist es nicht genauso fordernd, einen Hausbau zu koordinieren wie ein berufliches Projekt zu verwirklichen? Volle Pulle mit anstrengenden Projekten im Beruf und nach Feierabend das Gleiche zu Hause – mit Balance hat das wenig zu tun.

Als ich diese Zeilen schreibe, stecke ich mitten in einer Woche voller Fokus und höchster Konzentration am Stück. Wir stecken gerade in einer dreitägigen, komplett remote durchgeführten Strategieklausur. Für den Abend hatte ich schon länger einen Vortrag bei der Social Media Night der Pflege zugesagt und weitere Veranstaltungen wollen vorbereitet werden. Im Verständnis der Work-Life-Balance ist das viel zu viel konzentriertes Arbeiten am Stück. Aber wissen Sie was? Ich habe eine riesige Freude an dem, was wir gerade tun und was uns gemeinsam mit unseren Kunden gelingt.

Und ich freue mich auf ein wirklich entspanntes Wochenende mit einem „doppelten Sonntag“, Sauna oder Hängematte – je nach Wetter, Zeit mit der Familie und zum Lesen, Joggen und Zeit haben.

Und ich weiß jetzt schon, dass ich voller Freude auf die gerade laufende Woche zurückschauen werde.

Ist der Rhythmus den persönlichen Vorlieben angepasst, sind es gerade die Zeiten, die uns besonders fordern oder besonders inspirieren, die uns in Erinnerung bleiben, an denen wir wachsen.

Zeiten schützen und Sphären kombinieren

Für eine menschlichere und gleichzeitig produktivere Arbeitswelt ist die im Begriff „Work-Life-Balance“ implizierte Trennung der Sphären falsch.

Nicht falsch ist der Schutz der Zeiten. Auch das gilt sowohl für Arbeit wie Privatleben. Immer erreichbar und ablenkbar zu sein, ist für keinen Bereich ein befriedigendes Konzept. Also kein wildes Vermischen – wie gesagt – es geht um kluges Verschränken der Sphären.

Im beruflichen Bereich braucht es klare Absprachen und Vereinbarungen. Nur weil ich gerne abends arbeite, muss ich meinem Team zu dieser Zeit keine Emails schreiben – und schon gar keine Antwort erwarten. Ideen und Nachrichten kann man entwerfen und zu den vereinbaren Zeiten absenden. Posteingänge kann man zu bestimmten Zeiten stumm schalten.

Wirklich produktiv sind wir, wenn wir uns auf eine Sache fokussieren können. Das gilt beim Arbeiten. Es gilt aber auch für gute Gespräche, ein gutes Buch oder eine handwerkliche Tätigkeit in Haus oder Garten.

Der zweite Schlüssel zu hoher Produktivität, Motivation und Lebensqualität liegt in der Kombination der beruflichen wie privaten Sphären.

Die freie Wahl von Ort und Zeiten des Arbeitens haben wir schon beleuchtet. Das kann aber viel weiter gehen. Warum sollen berufliche Reisen nicht auch der persönlichen Inspiration dienen? Warum sollen private Hobbies nicht zu neuen Aufgaben im Unternehmen führen (ich denke an die Hobbyfilmer, die dann Social-Media-Accounts und Content-Marketing für die arbeitgebende Maschinenbaufirma übernehmen)?

Warum soll sich nicht die Arbeitszeit nach dem Schlafrhythmus der Betroffenen richten? Wer hat denn was davon, wenn mit dem Schlaf ringt, wer hellwach sein sollte? Oder wer nicht mehr arbeiten darf, wenn man dann endlich in Form kommt?

Warum können Arbeitszeiten nicht ganz anders und viel freier gestaltet werden? Die Siesta in der Tagesmitte ist genau wie die Sporteinheit  zwischendurch erwiesenermaßen ein Produktivitäts-Booster.

Die Möglichkeiten sind unendlich – die erforderliche Haltung ist die Offenheit für vielfältige Kombinationsmöglichkeiten und Stile des (Arbeits-)Lebens.

Das braucht Vertrauen und die gemeinsame Bereitschaft zum Experimentieren.

„Work-Life-Balance“ halte ich für ein Miss-Verständnis. Finden Sie kluge Lebensstile, den persönlichen Rhythmus und offene Arbeitsmodelle – davon profitieren alle.

Podcast – „Work-Life-Balance?“ – Doof!

OK – es ist ja gut gemeint. Aber der Begriff ist völlig unlogisch. Das wäre ja noch zu verschmerzen – aber unbewusst verstellt er den Blick auf das Wesentliche. Wie ganz andere Unterscheidungen neue Perspektiven für die persönliche Lebensgestaltung wie für neue, menschlichere und produktivere Arbeitsgestaltungen öffnet – darum geht es in der dieser Podcastfolge. Hören Sie rein.

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Hi ich bin Stefan und schreibe hier für großartige Arbeitgeber und eine bessere Arbeitswelt.

Ich bin selbst Unternehmer, motiviere als Keynote Speaker und begleite als Sparringspartner.
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