Was sind Deine Träume und Ziele im Leben?

Der Blick in die Kuppel des Zirkuszeltes kann zum Träumen animieren.
Am letzten Wochenende war ich nach langer Zeit mal wieder bei einer Konferenz – im Zirkuszelt und im Strandbad am Hafen in Münster.

Hier trafen sich die ortsunabhängigen Unternehmer und Unternehmerinnen des Citizen Circle. Ein Netzwerk, das ich sehr schätze, aus dem manche meiner Kooperationspartner und Online-Experten kommen, in dem ich Freunde gewonnen habe und mich gerne einbringe. Aufgrund der besonderen Situation dieses Jahr in Deutschland – statt in Kapstadt, Langkawi oder Riga.

Neben vielen guten Gesprächen, Workshops und Impulsen freute ich mich besonders über ein Treffen mit Ali Mahlodji, der als Impulsgeber dabei war. Er kommt im „Glücksfall Fachkräftemangel“ vor und jetzt konnte ich ihm sein persönliches Exemplar in die Hand drücken. Ein ausführlicheres Interview mit ihm folgt demnächst im Podcast. Das wird inspirierend. Mehr dazu ganz unten in diesen Impulsen.

Ali Mahlodjis eigener Lebensweg als iranisches Flüchtlingskind in Österreich war nicht einfach. Er hatte viele Jobs und sein Leben und sein Wirken stehen für das Verfolgen der eigenen Ziele. Das ist schon herausfordernd genug, wenn man als Unternehmer über viele Freiheitsgrade verfügt.
Doch wie sieht es um die Ziele und Träume für die vielen Menschen in den Unternehmen aus?
Da ist noch Luft nach oben. Im Idealfall verfolgen Menschen ihre Lebensziele und haben in ihrer Arbeit die Gelegenheit, auf diesem Weg voranzukommen.

Klingt gut, oder?
Die Realität sieht oft ganz anders aus.
Dabei liegt das gar nicht so sehr an intoleranten Chefs und Chefinnen. Die Ursachen liegen meist viel tiefer.
Der heutige Impuls und die aktuelle Podcast-Folge gehen in die Tiefe – mit eher grundsätzlichem Fokus. Vieles von dem, was in der Arbeitswelt heute schief läuft, wird gar nicht mehr in Frage gestellt. Zu sehr als „normal“ akzeptiert sind Begriffe und Haltungen, Rituale und Gewohnheiten.

Im Buch „Glücksfall Fachkräftemangel“ habe ich etliche dieser Haltungen zu entlarven versucht. Das beginnt häufig in den Begriffen….

„Personalentwicklung“ klingt doch gut, oder?

Und da sind wir bei der Personalentwicklung. In unserem Kontext eigentlich ein positiver Begriff.
Aber Achtung. Es hat Konsequenzen, wenn wir vom „Personal“, von der „Fachkraft“ oder dem „Humankapital“ sprechen. Diese Begriffe verstecken noch nicht einmal, wes Geistes Kind sie sind.

Der Mensch wird auf seine Arbeitskraft, auf seine Funktion reduziert.
Der Mensch als Mittel zum Zweck.

Personalentwicklung – zumindest formalistisch verstanden – versucht Menschen so zu entwickeln, dass die Anforderungen der Stelle erfüllt werden.
Man denkt in Stellen, Kompetenzprofilen und Weiterbildungsplänen.
Ausgangspunkt sind die Unternehmensziele, die Stelle und der Karriereweg, den das Unternehmen anbieten kann.

Wer nur will, dass die Menschen im Job funktionieren, für den reicht das ja auch.
Wer mehr will, wer echtes Engagement will, wer Kunden begeistern will, braucht eine andere Haltung und muss mehr bieten.

Eine andere Haltung zu Menschen

Wer echte Identifikation, Initiative und Motivation will, darf den Menschen nicht auf seine Funktion reduzieren.
Wer vollen Einsatz erwartet, darf Menschen nicht als Mittel zum Zweck verstehen.
Wir brauchen Augenhöhe.

Die (Lebens-)Ziele des Einzelnen haben (mindestens) den gleichen Stellenwert wie die Firmenziele. Für die Entwicklung der konkreten Person sind sie definitiv wichtiger.

Vor allem sollten sie klar sein. Wer weiß, wo er oder sie hin will, hat Energie für den Weg. Von innen heraus.
Sind die individuellen Ziele und Träume klar, können Mitarbeiter und Unternehmen auf Augenhöhe aushandeln, inwieweit Rollen, Aufgaben und Wege im Unternehmen auf dem Lebensweg des einzelnen Menschen liegen.

Ist das der Fall, wird die Erfüllung der Lebensziele zur Triebfeder des täglichen Handelns.
Unternehmen werden zum Raum für Entwicklung, zur „Heimat für Wachstum“, wie wir das in unserer Arbeitgeberphilosophie formuliert haben.

Warum Persönlichkeitsentwicklung das Eigentliche ist

John Strelecky („The big five for life“) beschreibt diesen Ansatz in einem fiktiven Unternehmen eindrücklich. Jeder Mitarbeiter wird darin unterstützt, seine „big five“, seine großen Lebensziele klar zu formulieren und sie auch im Unternehmen bekannt zu geben.
Identifiziert sich der Einzelne mit Mission, Werten und Kultur des Unternehmens und passen Rollen, Aufgaben und Entwicklungsmöglichkeiten zu den eigenen Lebenszielen – dann kann das eine großartige Zusammenarbeit werden. Für eine lange Zeit oder für eine Etappe.

Sie merken schon – das ist ein ganz anderes Verständnis von Zielen als das im Führungsalltag oft verstanden wird. Es entsteht aber auch eine ganz andere Power, wenn Sie so agieren.
Wer Personalentwicklung so radikal versteht, wird zu einer ganz anderen Unternehmenskultur, zu einer ganz anderen Produktivität gelangen, als heute in vielen Unternehmen üblich.

Das ist die Form von Mitarbeiterentwicklung, die großartige Arbeitgeber brauchen.
Natürlich geht es da am Ende auch um gute Methoden, um Raum und Priorität für Personalentwicklung und um gute Prozesse.
Doch viel wichtiger ist die zugrundeliegende Haltung.
Lassen Sie uns kurz beleuchten, was das in der Pralxis bedeutet.

Mitarbeitergespräche – so oder so?

Wir haben hier schon öfters über die Wichtigkeit guter Mitarbeitergespräche gesprochen.

Werden die geführt als lästiges Abarbeiten von Checklisten, müssen dort komplizierte Kompetenzprofile ausgefüllt werden und fürchten alle die Diskussionen und Unzufriedenheiten, die danach folgen – dann schafft man diese Form wirklich besser ab.

Ganz anders laufen Mitarbeiter-Entwicklungs-Gespräche unter dem oben beschriebenen Ansatz. Wo willst Du hin im Leben? Wie gut kommst Du mit Deinem Job diesen Zielen näher? Was können wir tun, dass das noch besser passt? Wie gut nutzt Du Deine Stärken? Wie können wir Dich in Deinen Zielen noch besser unterstützen?

Sie erinnern sich, dass wir sogar dazu ermutigen, sehr offen über die Frage zu sprechen „Wie lange planst Du mit uns?“. Das gilt natürlich für beide Seiten. Dahinter steht der radikale Ansatz, nur Menschen an Bord zu haben, die auch mit voller Absicht gerne hier sind und eine echte innere Motivation verspüren.
Damit wir uns nicht falsch verstehen – das alles muss nicht perfekt sein. Nicht jeder muss gleich die Welt aus den Angeln heben wollen. Es geht um die grundsätzliche Haltung und die Augenhöhe.

Mitarbeitergespräche – so oder so?

Ein anderes Feld, in dem sich die beiden Haltungen unterscheiden sind die Entwicklungsmaßnahmen, die Unternehmen anbieten. Beim rein funktionalen Ansatz wird streng darauf geachtet, dass Coaching und Weiterbildung eng an den Job-Anforderungen ausgerichtet werden.

Excel- und Englisch-Kurs werden locker bezahlt. Beim Coaching zur Zielklärung wird es schon schwieriger. Vom Yoga-Retreat mal ganz zu schweigen. Und die Selbstführungs- und Stressmanagement-Seminare werden oft deshalb gemacht, weil sie ein Dritter bezahlt.

Ganz anders mit der Haltung des Unternehmens als Entwicklungsraum. Dann investiert das Unternehmen bewusst in die Weiterentwicklung der Persönlichkeiten. In deren Zielklarheit. In deren Fähigkeiten, sich selbst zu führen und zu steuern. In deren Gesundheit und Weiterentwicklung.

Dann werden natürlich in Coaching-Prozessen sehr persönliche Themen bearbeitet und geklärt. Das Unternehmen investiert – die Inhalte bleiben vertraulich. Menschen entwickeln sich, wachsen und die Produktivität steigt.

Es gibt kein richtiges Leben im Falschen

Gefährlich ist nicht nur, wenn Firmen und Führungskräfte in der rein funktionalen Betrachtung stecken bleiben. Kritisch ist es auch, wenn man so tut als ob man den Menschen meint – aber dennoch im Grunde seines Herzens die Mitarbeiter als Mittel zum Zweck versteht.
Dann wirkt übergriffig ins Private, was – ehrlich gemeint – Begeisterung verursacht.
Das merken Menschen und gehen auf Distanz.

Es geht also wirklich darum, die eigenen Haltungen zu reflektieren. Aufzudecken, wovon wir ausgehen. Zu reflektieren, was wir nicht in Frage stellen. Und vielleicht sogar andere Begriffe zu verwenden, um deutlich zu machen, wenn Dinge anders laufen sollen als üblich.
Klingt anspruchsvoll?

Ja, das ist es auch.

Doch der Lohn ist riesig. Die Produktivität in Unternehmen, in denen das Gros der Mitarbeiter sich den eigenen Lebenszielen durch das gemeinsame Schaffen im Unternehmen nähert, schlägt die anderen um Längen. Und mehr Freude macht das allen Beteiligten auch.

Arbeiten Sie erst mal so, können Sie es sich gar nicht mehr anders vorstellen.
Sind Sie dort noch nicht, gibt es einiges zu tun.
Das beginnt zwischen den Ohren der Menschen an der Spitze des Unternehmens.
In diesem Sinne wünsche ich gute Erkenntnisse beim Hinterfragen so mancher „normalen“ Formulierung und Vorgehensweise im Umgang mit den Menschen im Unternehmen.

Warum Personalentwicklung nicht reicht

In der heutigen Folge geht es um die Haltung hinter den Begriffen. Begegnen wir Menschen und ihren Lebenszielen auf Augenhöhe oder verstehen wir die Fachkräfte als Humankapital, das gemanaged werden muss? Die Unterschiede sind riesig – die Ergebnisse liegen Welten auseinander. Hier geht´s zur aktuellen Folge.

2021-11-02T13:58:18+01:00
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