Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von Standard. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf den Button unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.
Weitere InformationenDer Fachkräftemangel gilt für viele in der Arbeitswelt als Bedrohung für den künftigen Unternehmenserfolg. Stefan Dietz sieht das anders. Seine These: Der Fachkräftemangel ist ein Glücksfall. Nicht für alle Unternehmen – aber für die guten. In dieser ersten Podcast Episode erklärt Stefan Dietz, welche Entwicklungen den Arbeitsmarkt umwälzen und welche Folgen das hat. Er zeigt, für wen der Fachkräftemangel ein Glücksfall sein kann und was Unternehmen heute schon tun können, um morgen als großartige Arbeitgeber erfolgreich zu sein.
Podcastfolge #1
Glücksfall Fachkräftemangel
Zum Auftakt geht es um die Frage, warum der Fachkräftemangel ein Glücksfall ist und was Unternehmen und gute Führungskräfte heute tun müssen, um von dieser Entwicklung morgen zu profitieren.
Der Arbeitsmarkt im Wandel
Der Arbeitsmarkt befindet sich in einem grundlegenden Wandel. Und das bezieht sich jetzt gar nicht auf die aktuelle Corona Krise. Die gibt einigen Dingen nochmal einen besonderen Drall. Es geht um eine viel längerfristige Entwicklung, die schon länger läuft und die uns auch noch länger beschäftigen wird. Der Arbeitsmarkt dreht sich nämlich. Und um das zu verstehen, muss man vielleicht ein bisschen zurückblicken auf das, wie wir alle den Arbeitsmarkt kennengelernt haben. Arbeitslosigkeit war eigentlich der prägende Begriff und im Grunde war jedem klar, wenn ein Unternehmen wächst, dann braucht es Mitarbeiter, dann hat man Stellen ausgeschrieben, hat Bewerbungen gesammelt, eine Weile gewartet, dann die Besten zum Bewerbungsgespräch eingeladen. Es war auch klar, dass die Bewerber diejenigen sind, die beim Bewerbungsgespräch schwitzen und wenn die irgendwie unverschämte Forderungen gestellt haben, dann haben die nächsten schon gewartet. Von daher waren die Kräfteverhältnisse immer klar, die Unternehmen am längeren Hebel und die Bewerber mussten froh sein, wenn sie einen guten Job finden. Und damit war der Ton gesetzt. Der Spruch „Jeder ist ersetzbar“, den hat man relativ oft gehört. Und jeder, der mal 38 oder 50 war, hat sich in der Regel nicht mehr getraut, noch einmal den Arbeitgeber zu wechseln. Man weiß ja nicht, ob man so was nochmal findet. Das ist jetzt ein bisschen vereinfacht gesagt, aber klar war, dass die Arbeitgeber am längeren Hebel sitzen. Damit sind die meisten, die heute in Verantwortung in Unternehmen sind, einfach auch aufgewachsen. Und diese Entwicklung dreht sich gerade um. Der Arbeitsmarkt dreht sich in die Richtung, dass die Talente, dass die gut qualifizierten Kräfte immer stärker am längeren Hebel sitzen und sich im Grunde ihre Jobs aussuchen können. Warum ist das so?
3 Faktoren für die Entwicklung des Arbeitsmarktes
Das hat im Grunde Ursachen in drei ganz großen Trends, die wir uns näher anschauen wollen. Da ist zum einen eine unglaubliche technologische Entwicklung. Da gibt’s zum anderen eine demografische Entwicklung, weil sich die Bevölkerungsstruktur komplett verändert. Und es verändern sich einfach auch die Lebensentwürfe. Die Wünsche, die Werte der Menschen an sich. Und diese drei großen Entwicklungen führen dazu, dass sich im Arbeitsmarkt ganz viel verändert und dreht. Schauen wir uns das mal etwas näher an!
Wie moderne Technik den Arbeitsmarkt beeinflusst
Beginnen wir mit dem technologischen Wandel. Der ist natürlich in aller Munde. Stichwort Digitalisierung, Automatisierung, künstliche Intelligenz, Industrie 4.0. Unglaublich viele Begriffe, die für eine Entwicklung stehen, die unglaublich an Fahrt aufnimmt. Jetzt ist die Angst, dass Technologie uns unsere Jobs wegnimmt, im Grunde schon uralt. Schon in den Siebzigerjahren des letzten Jahrhunderts, gab es Titelseiten „Nehmen uns die Roboter die Arbeit weg?“. Und man hat sich fast schon daran gewöhnt, dass es immer ganz kühne Prognosen gibt und dass die wirklich umsetzbar funktionierende Technik dann doch oft wieder enttäuschend ist und doch die Dinge noch nicht so schnell funktionieren, wie man das ursprünglich mal glaubte, wie das zumindest die Visionäre glaubten. Aber genau das dreht sich. Die Technologie wird so viel schneller, dass wir ganz häufig überrascht sind, wie gut Technologie schon funktioniert. Ob es sich darum dreht, dass man Texte in eine fremde Sprache übersetzt und es auf einmal sehr, sehr gut funktioniert, dass man gesprochenen Text in Schrift übersetzt, ganz automatisch und es funktioniert sehr gut, dass künstliche Intelligenz Schach spielt, dass künstliche Intelligenz beim Friseur einen Termin vereinbart und niemand gemerkt hat, dass das keine echte Stimme war. Also die Geschwindigkeit, in der Technik wirklich funktioniert, und die Qualität dessen, was dabei in der Umsetzung gelingt, hat enorm an Fahrt aufgenommen. Und wo wir früher oft enttäuscht waren von den Ergebnissen, zum Beispiel dem, was aus dem 3-D-Drucker rauskam, dann sind wir heute ganz oft positiv überrascht, manchmal irritiert, manchmal verwundert, was Technik schon kann. Das geht also sehr viel schneller und diese Geschwindigkeit nimmt auch noch zu, da sind sich die Experten einig.
Jobs verschwinden
Und das hat jetzt gravierende Auswirkungen auf die Arbeitswelt. Das Naheliegendste und die naheliegende Angst, die viele Menschen natürlich haben, ist ‚werden unsere Jobs wegrationalisiert‘, und es werden auch ganz, ganz viele Jobs verschwinden, die in der Vergangenheit ganz selbstverständlich und ganz sicher waren. Das merken wir schon lange im Alltag für unsere Zugfahrten online, wir checken für unsere Flüge ein, wir kommen zum Flughafen, dann gibt’s da einen Automaten, da stellt man sein Gepäck selber drauf. Und die vielen Jobs, die vielen Menschen, die da früher am Schalter freundlich den Service erbracht haben, an denen man lange gestanden hat, die sind alle weg. Wir gewöhnen uns daran. Wir übernehmen ganz viele Dinge gemeinsam mit der Technik selbst. Und die Dienstleistungsjobs sind verschwunden. Es wird eine ganze Menge Jobs geben, die verschwinden. Alles das, sagen die Experten, was nach einem bestimmten Schema, nach einer bestimmten Logik gemacht wird, also alles das, was Menschen intellektuell tun können, können Maschinen, kann künstliche Intelligenz, irgendwann besser. So ähnlich ist es in manchen Produktionsthemen. Viele Dinge, die Menschen körperlich können, können Roboter, können Automationen über kurz oder lang besser. Ob es schon günstiger wird, das ist noch die Frage. Manchmal wird es doch länger dauern, dass Menschen in Arbeitsprozessen bleiben, als es technisch möglich wäre, weil es sich einfach noch nicht lohnt. Aber wir werden sehen, dass unglaublich viele Jobs verschwinden werden. Und das wird auch ganz viele Bürojobs treffen. Das wird Verwaltungsjobs treffen. Es wird ganz viele treffen, die heute noch glauben, sie hätten einen sicheren Beruf. Also, dieser Aspekt wird große Einschnitte bringen. Ganz, ganz viele Jobs werden verschwinden. Aber trotzdem muss uns, glaube ich, um die Beschäftigung gar nicht bange sein. Alle Experten, mit denen ich gesprochen, von denen ich gelesen habe, gehen davon aus, dass zumindest die nächsten zehn bis 20 Jahre die Zahl der Jobs mindestens gleich bleibt, wenn nicht sogar steigen wird. Warum ist das so?
Jobs wandeln und verändern sich
Es gibt einen zweiten Block. Es werden sich ganz viele Jobs wandeln und verändern. Also wo einerseits Dinge verschwinden, entstehen gleichzeitig andere Formen der gleichen Arbeit neu. Man hat ganz viele Verluste im Printmedienbereich, in der Werbung. Dafür entsteht ein riesiges Feld im Social Media Marketing und in der Folge entstehen auch ganz viele neue Jobs. Und so gibt es ganz, ganz viele Bereiche, in denen Jobs sich verändern, indem wir zum Beispiel ganz anders kommunizieren. Wo man früher Faxe geschrieben hat und Briefe geschickt hat, werden heute Chat-Programme und Online-Projektmanagement-Tools zu Kollaborations-Tools entwickelt.
Neue Jobs entstehen
Ganz viel entsteht auch an neuen Jobs, weil all diese Techniken entwickelt, eingeführt und trainiert werden müssen. Es wird also ein riesiger Arbeitsbedarf entstehen, um bestehende Abläufe zu digitalisieren, um Prozesse zu automatisieren, um Software zu programmieren, um Menschen und Abläufe zu trainieren, auch Algorithmen zu trainieren. Es wird unglaublich viel Job-Bedarf entstehen in Verbindung mit all diesen Veränderungsprozessen rund um Digitalisierung, um verändernde Organisationsformen, veränderte Kommunikation. Klar ist natürlich, es werden andere Jobs sein als manche, die vielleicht gerade im Zuge der Corona Krise in anderen Branchen verschwinden. Das bedeutet auch enorm hohe Anforderungen an die Menschen, deren bisherige Ausbildung und Kompetenz nicht genau zu dem passt, was in Zukunft gebraucht wird. Also auch da wird man dann eine hohe Flexibilität brauchen. Viele werden vieles neu lernen müssen, um am Arbeitsmarkt wettbewerbsfähig zu sein. Aber in den technischen Kompetenzen, in den Zukunftskompetenzen, die gebraucht werden, werden wir einen verschärften Fachkräftemangel erleben. Davon können wir im Grunde ausgehen. Es werden Jobs verschwinden, es werden sich Jobs und die Art, wie wir arbeiten, massiv verändern. Aber was man, glaube ich, auch nicht vernachlässigen darf, es werden auch immer wieder neue Jobs entstehen. Das war schon immer so, dass Menschen Bedürfnisse haben, eigentlich unendliche Bedürfnisse haben, und sich nur die Form, wie bestimmte Dinge erfüllt werden, verändert. Nehmen wir die Musik. Früher hat man Platten oder Kassetten gehört, dann hat man CDs gehabt, dann hat man Tauschbörsen gehabt. Heute läuft es über Plattformen, über Streaming-Plattformen. Da verändern sich natürlich Jobs und Bereiche, aber es wird trotzdem weiter bestehen. Genauso wie Jobs also verschwinden werden, Jobs sich wandeln werden, werden aber auch neue Jobs entstehen.
Menschliche Bedürfnisse schaffen Arbeitsplätze
Die menschlichen Bedürfnisse scheinen unendlich zu sein und mit jedem ungelösten Problem, mit jeder neuen Herausforderung, entstehen auch neue Potenziale für neue Jobs, für neue Firmen. Also, mit unglaublich viel neuer Technologie wird auch ein Beratungsbedarf entstehen, wie man damit umgeht. Mit jedem, Mehr an Möglichkeiten für die berufliche Orientierung wird mehr an persönlichem Coaching, an Beratungsbedarf entstehen. Es wird auch ganz, ganz viele Jobs geben in persönlichen Dienstleistungen, in der Gastronomie, im Tourismus, im Einzelhandel, in der persönlichen Beratung, sodass auch dort nicht mit einem Rückgang von Jobs zu rechnen ist. Also Fazit insgesamt: Sehr, sehr viel Wandel, sehr viel Veränderungsbedarf für alle Beteiligten. In Summe vermutlich eher mehr als weniger Jobs, zumindest für die nächsten zehn bis 20 Jahre. Danach kann es durchaus sein, dass wir so viel automatisieren und Dinge von alleine laufen, dass ganz viel, was wir heute als Arbeit tun müssen, als Menschen, automatisiert wird und wir uns damit nicht mehr beschäftigen müssen. Das muss so schlecht auch gar nicht sein, wenn alle an dem partizipieren, was da an Wertschöpfung entsteht. Aber dazu kommen wir später noch.
Fachkräftemangel durch demografischen Wandel
Lassen Sie uns die zweite Entwicklung anschauen. Das ist im Gegensatz zur Technologie eine viel länger laufende, langsame Entwicklung. Die Demografie. Im Grunde sagen uns das die Forscher schon seit 20 Jahren. Und alle die, die vor zehn, zwanzig Jahren nicht geboren sind, können sich heute oder in zehn Jahren auch nicht in den Arbeitsmarkt entwickeln. Und die Grundbotschaft ist, dass im Jahr 2030/2035 uns in Deutschland bei einem, wie gerade gesehen, vermutlich mindestens gleichbleibenden Arbeitsmarkt sage und schreibe sechs Millionen Arbeitskräfte fehlen. Das ist ungefähr jeder Vierte, jeder Fünfte. Das ist unglaublich viel. Und jetzt kann man, wenn man da tiefer einsteigt, davon ausgehen, dass die Hälfte dieser sechs Millionen gehoben werden können, indem man alles dafür tut, dass alle Menschen, die hier sind und im Grunde im Arbeitsmarkt produktiv sein könnten, das auch tun können. Das heißt, Menschen, die bisher vielleicht im Schulsystem auf der Strecke bleiben, besser fördern und in den Arbeitsmarkt integrieren, dafür sorgen, dass die Quote von Berufstätigkeit und Familie deutlich höher geht, dass einfach mehr Menschen auch im Beruf aktiv sein können, auch in Familienphasen, dafür sorgen, dass man auch Menschen länger gesund erhält, länger im Arbeitsleben erhält. Die Verrentung später zu machen, sodass die Phase, in der man arbeiten kann, länger wird. Also wenn man all diese Dinge aktiv nutzt, dann ist es nach Aussage der Experten möglich, etwa die Hälfte dieser Arbeitskräftelücke zu schließen. So und dann bleiben drei Millionen Menschen als Bedarf. Und das kann schlicht nur erfüllt werden, wenn diese Menschen zu uns kommen. Das ist natürlich ein durchaus immer auch politisch heikles Thema. Aber es geht hier schlichtweg um die Frage ‚Sind wir attraktiv für Menschen mit der richtigen Qualifikation, sodass die zu uns kommen und Arbeitsplätze bei uns füllen und damit Wohlstand und Produktivität bei uns stattfindet?‘
Verabschiedungskultur für Arbeitsplätze?
Die Alternative? Ich sage immer gerne: Entweder entwickeln wir eine Willkommenskultur für Menschen oder eine Verabschiedungskultur für Arbeitsplätze. Die Arbeit wird irgendwo erfüllt. Weltweit sind immer auch genug Menschen da. Das heißt, letztlich ist es einfach eine Frage des Wettbewerbs, der Positionierung eines Landes, einer Region. Sind wir attraktiv, dass die richtigen Talente zu uns kommen, bei uns bleiben? Und dann kann Produktivität und Wachstum in einer Region, in einem Land stattfinden oder eben nicht. Jetzt könnte man ja sagen: Diese demografische Entwicklung ist irgendwie schon ein alter Hut. Und da haben wir ja tatsächlich alle schon oft und lange davon gehört. Aber es ist alles andere als ein alter Hut, im Gegenteil. Das eigentliche Drama kommt erst noch. Früher war es so, dass in jedem Jahrgang ungefähr gleich viele Leute aus dem Arbeitsmarkt ausgeschieden sind und 30 Jahre Jüngere wieder neu in den Arbeitsmarkt hinein gekommen sind. Es gab die Phase der Babyboomer, und da war es genau so, dass da doppelt so viele Menschen pro Jahrgang bestehen wie 25, 30 Jahre später. Und das wird dazu führen, dass in vier, fünf Jahren beginnend jedes Jahr 500-800 000 Menschen mehr in Rente gehen, als neu in den Arbeitsmarkt dazukommen. Und dann erst wird es richtig schmerzhaft. Und das, obwohl schon heute viele Firmen merken, dass es schwerer wird, Jobs zu besetzen, erfahrene Leute zu ersetzen, die in Rente gehen. Das wird sich erst richtig dramatisch entwickeln in einigen Jahren. Wir sehen also, das sind zwei ganz fundamentale Trends, die da laufen. Technologie verändert die Art, wie wir arbeiten, vernichtet Jobs, schafft neue Jobs. Demografie sorgt dafür, dass einfach Druck auf dem Kessel bleibt, dass der Arbeitsmarkt sich dreht, dass die Talente, die gut qualifizierten Mitarbeiter, am längeren Hebel sitzen werden und die Unternehmen sich viel, viel mehr anstrengen müssen, um gute Leute zu gewinnen. Und zu allem Überfluss kommt jetzt noch eine dritte Entwicklung dazu.
Mehr Menschlichkeit auf dem Arbeitsmarkt
Schon immer haben Menschen darunter gelitten, wenn sie in einer schlechten Stimmung gearbeitet haben. Wenn die Arbeit irgendwie unmenschlich war, wenn Führung nicht gut stattgefunden hat. Und Menschen haben unglaublich viel auf sich genommen, für und wegen der Arbeit. Den Wohnort gewechselt, Wochenendbeziehungen geführt, ihre Kinder nicht aufwachsen sehen, ganz oft runtergeschluckt, wenn sie eigentlich persönlich unzufrieden mit dem Job waren. Also, es war früher ganz selbstverständlich so, dass man für den Job eine ganze Menge Kompromisse gemacht hat. Jetzt dreht sich der Schuh um. Jetzt muss ich mir nicht mehr so viele Dinge gefallen lassen und gleichzeitig entstehen durch neue technologische Möglichkeiten, durch neue organisatorische Möglichkeiten, viel mehr Freiheitsgrade in der Art, wie wir arbeiten. Da gibt es Menschen, die flexibel arbeiten. Da gibt es ganz unterschiedliche Arbeitszeitmodelle. Es gibt Firmen, die ganz verrückte Dinge tun, die Mitarbeitern tolle Freiheiten gewähren. Und je mehr Beispiele wir sehen von Menschen, die ein freieres, menschlicheres, angenehmeres, flexibleres Arbeiten leben können, in ihrer Firma, desto größer wird die Versuchung zu sagen: Hey, warum sollte das eigentlich für mich nicht auch gehen? Je mehr die Mitarbeiter auf der stärkeren Seite des Arbeitsmarktes sitzen, desto weniger werden sie sich, zu Recht, gefallen lassen. Verdammt nochmal, wenn meine Führungskraft mich einfach nicht richtig wertschätzt und sich nicht richtig kümmert und wenn in der Firma für mich einfach nichts vorangeht, dann fange ich jetzt an, woanders zu suchen. Und alle finden heute in ihren Social Media Feeds permanent neue Jobangebote. Alle lesen Zeitung, sehen in den Medien, dass die Talente am längeren Hebel sitzen. Also wird die Fluktuation sich deutlich erhöhen. Immer weniger Menschen werden sich Dinge gefallen lassen, werden bereit sein, faule Kompromisse zu machen. Und das führt eben auch dazu, dass die Ansprüche, die Menschen an ihren Job und an ihre Arbeitgeber haben, steigen. Und das ist im Grunde genommen auch gar nichts Schlechtes, weil das sind Wünsche, die auch früher schon richtig und berechtigt waren, die man sich aber eben nicht getraut hat zu formulieren. Und das schmilzt aber immer mehr ab. Es wird immer mehr dazu führen, dass mehr Menschen einfach mit höheren Ansprüchen an ihr Arbeitsleben herangehen und weniger faule Kompromisse machen. Und wenn wir diese Gesamtentwicklung sehen, dann wird der Arbeitsmarkt der Zukunft ganz anders aussehen, als die meisten von uns das in den letzten Jahren und Jahrzehnten erlebt haben und daran gewöhnt sind.
Und jetzt behaupte ich: Der Fachkräftemangel ist ein Glücksfall?
Jetzt könnte man natürlich sagen: Okay, na klar, das ist ein Glücksfall für gute Mitarbeiter, die können sich ihre Jobs aussuchen. Klar. Und es ist natürlich, wenn man so will, auch ein Glücksfall für junge Leute, für Einsteiger, die eine richtige Qualifikation haben, die etwas können, was am Markt in Zukunft gebraucht wird. Auch die können sich im Grunde ihren Job absolut aussuchen. Auch richtig. Aber das wäre ja zu einfach. Ich gehe da tatsächlich viel, viel weiter, weil ich felsenfest davon überzeugt bin, dass auch für Unternehmen diese Entwicklung ein Glücksfall und eine Chance ist. Jetzt muss man fairerweise dazusagen: Nicht für alle. Nur für die Guten. Denn klar ist: Eine Firma, die nicht attraktiv ist, die mit schlechter oder nicht vorhandener Führung, die Leute, die da sind, verprellt, die im Grunde auf hohem Ross sitzt und glaubt, die Dinge müssten so gehen wie früher, und sich darüber beschwert, dass die Schule und der Staat und die Leute überhaupt heute nicht mehr so funktionieren wie früher, die werden alle ein riesiges Problem haben. Möglicherweise werden sie scheitern. Viele Firmen werden auch verschwinden und für manche Branchen und manche Firmen wird der Fachkräftemangel eher ein Todesurteil sein als ein Glücksfall. Aber kommen wir zu den Guten.
Fachkräftemangel ist eine Bedrohung für das Wachstum der Firmen
Vielleicht ist diese Entwicklung des Fachkräftemangels natürlich ein Leidensdruck. In Umfragen zeigt sich, dass Geschäftsführer, Inhaber von Firmen, in den letzten Jahren immer stärker in ihrem Bewusstsein dafür sensibilisiert sind, dass der Fachkräftemangel die größte Bedrohung für das Wachstum der Firmen ist. Und es hat sich in den letzten Jahren kontinuierlich gesteigert, wird vermutlich durch Corona ein bisschen in den Hintergrund treten und dann wieder nach vorne kommen. Jetzt ist es ein Leidensdruck, der aber zu etwas zwingt, was für viele Dinge gut ist und für viele Menschen gut ist. Führt der Fachkräftemangel dazu, dass Unternehmen sich richtig massiv Gedanken machen, wie sie großartige Arbeitgeber werden können? Was sie auf dem Arbeitsmarkt zu bieten haben? Wie sie sich dort positionieren, wofür sie stehen, was sie zu bieten haben? Dann bietet das eine riesige Chance. Denn das Thema Fachkräftemangel und Arbeitsmarkt ist ein stark in den Medien vorhandenes Thema. Das hat man vor Corona gesehen, das ist immer mehr geworden, dass Medien über Entwicklungen berichten, über tolle Beispiele berichten, von Unternehmen, die außergewöhnliche Dinge tun, aber auch über Auswüchse und Probleme berichten. Und wozu führt das? Jede Firma, die was Tolles tut mit einem Thema, was für die Öffentlichkeit relevant ist, hat die Chance auf Medien, auf Presse, auf Öffentlichkeitsarbeit. Und wenn bekannt wird, was eine tolle Firma tut, wird sie auch zusätzliche Mitarbeiter gewinnen. Die Entwicklung, die wir gerade besprochen haben, greift hier auch. Wenn Menschen sich weniger gefallen lassen, dann führt es auch dazu, dass sie schlechte Firmen eher verlassen und für gute Firmen neu auf dem Markt verfügbar sind. Also wo die einen leiden, profitieren die anderen. Ich beschreibe das immer gerne in einem Bild, in einer kleinen Geschichte von zwei Jungs, die gemeinsam auf eine Reise mit Rucksack in der Steppe Namibias unterwegs sind und da so gemütlich entlang wandern, beide mit Rucksack, auf dem Rücken, in Sandalen und wandern so vor sich hin und merken auf einmal: ‚Hey, dahinten, da kommen Löwen.‘ Und der eine sagt sofort zu seinem Kumpel: ‚Hey, komm schnell. Da sind Löwen, wir müssen loslaufen.‘ Und der andere bleibt ganz ruhig, nimmt seinen Rucksack runter, nimmt die Sportschuhe aus dem Rucksack, wechselt die Sandalen gegen die Sportschuhe, packt die Sandalen wieder ein. Und der andere ist völlig konsterniert und sagt: ‚Hey, was machst du denn? Glaubst du denn, mit den Sportschuhen bist du schneller als der Löwe?‘ ‚Nee.‘ sagt er. ‚Ich muss nicht schneller sein als der Löwe. Ich muss nur schneller sein als du.‘ Das ist hart, aber so ein bisschen trifft es die Situation im Arbeitsmarkt. Da ist natürlich ein Wettbewerb um die Talente, die da sind. Die besten Firmen werden nie Fachkräftemangel haben, die schlechtesten Firmen werden möglicherweise verschwinden. Und dazwischen gibt es alle Schattierungen. Also gute Firmen werden vom Fachkräftemangel profitieren.
Warum gute Firmen vom Fachkräftemangel profitieren
Erstens, weil das Thema dazu führt, dass sich gute Dinge herumsprechen. Zweitens, weil der Leidensdruck dazu führt, dass man sehr viel mehr Energie, Geld, Aufmerksamkeit in die Themen von attraktivem Arbeitgebertum verlagert, dadurch auch wirklich besser wird, und das bringt unglaublich viel. Und das ist aber auch noch nicht alles, weil es profitieren nicht nur die Unternehmen, es profitieren auch die guten Führungskräfte. Menschen, die mit einem guten Menschenbild für Führung verantwortlich sind, wussten immer schon, dass dies Aufmerksamkeit, Energie und eine gewisse Priorität für Führungsaufgaben braucht. Wer nur in seiner Fachlichkeit versinkt und keine Zeit für Führung hat, kann den Führungsjob nicht richtig machen. Und wer führen will, muss auch Fingerspitzengefühl für Menschen haben. Und manchmal führen in Firmen einfach die falschen Leute oder die richtigen, die gut führen, können sich nicht so durchsetzen gegen die, die andere Interessen als wichtiger ansehen. Und auch das wird sich ändern, weil, je wichtiger es ist, durch richtig gute Führung zu einer hohen Identifikation von Mitarbeitern und einer hohen Produktivität zu gelangen, desto mehr wird der Stellenwert von Führung in der Firma ein höherer werden. In dem Arbeitsmarkt der Zukunft können sich Unternehmen schlechte Chefs und schlechte Führung einfach nicht mehr leisten. Dann gehen nämlich die guten Mitarbeiter von alleine. Und deswegen werden alle, die gut führen und die Führung im Unternehmen stehen, von dieser Entwicklung ebenfalls profitieren, weil Druck und Priorität für die richtigen Dinge entsteht. Und sogar die, die heute in der Führungsposition sind und eigentlich froh wären, wenn sie mit diesem Menschen-Gedöns nichts mehr an der Backe hätten, weil sie viel lieber eine fachliche, eine rein sachliche Aufgabe übernehmen würden, auch die dürfen darauf hoffen, dass sie nicht einfach abserviert werden oder gezwungen werden, die Führungsrolle weiterzumachen, sondern dass Firmen so clever sind, dafür zu sorgen, dass man wertvolle Mitarbeiter, die sich vor allem fachlich als Experten positionieren, im Unternehmen hält und ihre Führungsrolle in andere Hände gibt, zu Menschen, die Freude an Führung haben. Und auch das macht die Situation, wie sie Menschen in Firmen erleben, für alle Beteiligten besser. Zusammengefasst kann man sagen: Der Fachkräftemangel dreht den Spieß im Arbeitsmarkt um. Das ist erst mal eine wahnsinnige Bedrohung und Herausforderung. Aber es ist eine riesige Chance für alle, die die Weichen richtig stellen und die begreifen, dass da eine unausweichliche Veränderung auf uns zukommt.
Fachkräftemangel als Chance
Und wer sich dieser Veränderung nicht nur stellt, sondern proaktiv dafür sorgt, die Dinge richtig zu machen, richtig gut zu führen, ein richtig attraktiver Arbeitgeber zu sein und auch dafür zu sorgen, dass die Menschen wissen, was es für Jobs und für Leistungen bei unserem Unternehmen gibt, die werden profitieren. Und wenn die sich früh auf den Weg machen, dann werden Sie als Top-Arbeitgeber, als großartiger Arbeitgeber auch Gewinner dieser Entwicklung sein. Und genau darum geht es mir. Ich möchte, dass möglichst viele Unternehmen, Organisationen, Verwaltungen, kleine wie große, richtig großartige Arbeitgeber werden. Und dafür habe ich diesen Podcast gemacht. Dafür habe ich mein Buch geschrieben. Dafür halte ich Vorträge. Dafür begleiten wir Unternehmen auf dem Weg zum großartigen Arbeitgeber, weil ich davon überzeugt bin, das richtig verstanden am Ende des Tages die Arbeitswelt besser wird und für möglichst viele Menschen eine Qualität von Arbeiten entsteht, die für alle Beteiligten Freude macht. In diesem Sinne wünsche ich Ihnen die richtigen Lehren aus der Entwicklung der nächsten Jahre, viel Erfolg im Arbeitsmarkt der Zukunft. Und werden und sind Sie ein großartiger Arbeitgeber.
Hi ich bin Stefan und sende hier für großartige Arbeitgeber und eine bessere Arbeitswelt.
Ich bin selbst Unternehmer, motiviere als Keynote Speaker und begleite als Sparringspartner.
Fachkräftemangel? Jammern hilft nicht. Kluge Strategien schon.
oder bei: Deezer, Pocket Casts
Folge oder kontaktiere mich auf meinen Social-Media-Kanälen: