Führung und Kultur im Wandel

Junges Gemüse

Während meiner Workation in Thailand saß ich an einem Tag nachmittags unter den Bäumen am Strand in einer längeren Videokonferenz zum Thema Arbeitgebermarke. Mit externer Kamera, Headset, Laptop und perfektem Internet – 10 Meter vom Meer entfernt bei sonnigen 28 Grad. Mit mir im Termin waren Geschäftsführung und People Team unseres Kunden am Bodensee und meine beiden Kolleginnen Andrea Zerotzki und Katharina Bard aus unserem Beratungsteam der entra people systems GmbH. Unser gemeinsamer Job: die Auswertung einer Mitarbeiterbefragung der besonderen Art und die Konzeption der nächsten Schritte.

Als ich meinen Mitstreitern am Strand später von unserem Projekt erzählt habe, wurde mir mal wieder klar, wie besonders eine so langfristig angelegte und umfassende Unternehmensentwicklung und ihre Begleitung ist. Deswegen will ich aus diesem Praxisfall heute etwas ausführlicher berichten – auch als Inspiration und Ermutigung für viele andere Arbeitgeber, die irgendwo auf ihrem Weg unterwegs sind.

Die Stader Gruppe produziert an 4 Standorten am und um den Bodensee herum Gemüsejungpflanzen. Über 100 feste und nochmal gut 120 Saisonarbeitskräfte kümmern sich im wahrsten Sinne des Wortes um das junge Gemüse und liefern dann Gemüsejungpflanzen an Gemüsebetriebe, Großhändler und Gartenmärkte.

Marlen Friedrich und Moritz Stader haben vor einigen Jahren die Unternehmensgruppe gemeinsam als geschäftsführende Gesellschafter von Ihrem Vater Peter Stader übernommen. Die beiden Geschwister haben ein durchdachtes Konzept geteilter gemeinsamer Führung etabliert und setzen ihre eigenen Akzente. Dass dieser Übergang harmonisch und geräuschlos gelungen ist, darf man als Kompliment an alle Beteiligten ansehen. Auch die langjährigen Führungskräfte und Leistungsträger sind allesamt an Bord geblieben.

Nachdem wir in dieser Phase schon im Hintergrund unterstützen konnten, haben Geschäftsführung und das Personalteam in unserem People Strategy Programm teilgenommen und das ganze Konzept einer umfassenden People Strategy durchdrungen.

Darauf aufbauend starten wir jetzt in die nächste Phase der Unternehmensentwicklung: Parallel soll sowohl eine Mitarbeiter-Strategie als langfristige Roadmap entstehen wie auch die Führung und Zusammenarbeit im Führungskreis systematisiert und weiterentwickelt werden.

Mitarbeiterbefragung? Ja – aber in 17 Sprachen?

Wer nach außen strahlen will, sollte zuerst nach innen hören. Genau in dieser Philosophie war unser Start für diese Etappe der Unternehmensentwicklung folgerichtig eine Mitarbeiterbefragung.

Doch wie macht man eine Mitarbeiterbefragung live und lebendig, wenn es um Menschen mit 17 Nationalitäten geht, die zum großen Teil sehr praktisch arbeiten – im Gewächshaus, in der Logistik, in der Auslieferung?

Was man bei einem Planungsbüro oder einer Beratungsgesellschaft ganz entspannt als Workshop im Seminarraum mit dem üblichen Zubehör macht, würde in diesem Kontext eher nicht funktionieren.

Doch das heißt ja nicht, dass das nicht geht – man darf nur die Methodik anpassen. So haben wir gemeinsam eine Vorgehensweise entwickelt und interaktive Mitarbeiter-Workshops an 3 Standorten in 5 Sprachen durchgeführt.

Nachdem wir das Konzept gemeinsam entwickelt hatten, hat Andrea Zerotzki vor Ort am Bodensee an 3 verschiedenen Standorten die Mitarbeiterworkshops mit insgesamt fast 100 Mitarbeitenden moderiert. Katharina Bard hatte im Büro zuvor die Befragung aufgesetzt und alle Fragen im Befragungstool in die jeweils 5 wichtigsten Sprachen übersetzt – und ich konnte aus Thailand an der Auswertung teilnehmen, ehe wir dann letzte Woche am Bodensee gemeinsam mit den Führungskräften weiter gearbeitet haben.

Dank digitaler Übersetzungstools und der Erfassung der Antworten über die Smartphones der Teilnehmer konnte die Sprachhürde gut gemeistert werden. Alleine das wurde natürlich auch als Zeichen der Wertschätzung wahrgenommen – wie die ganze Befragung als solches auch.

Die Führungskräfte an Bord holen & Inspirationen

Im nächsten Schritt haben wir dann mit der Runde der ca. 20 Führungskräfte im Februar die Ergebnisse der Mitarbeiterbefragung ausgewertet und Schlussfolgerungen gezogen. Dieser Workshop war gleichzeitig der Auftakt zur Klärung und Weiterentwicklung der gemeinsamen Führungsarbeit.

Erste Eckpunkte und Aussagen für die zu entwickelnde Arbeitgebermarke sind dabei ebenfalls schon sichtbar geworden.

Aus dem bisherigen Prozess und den aktuellen Veranstaltungen kann man jede Menge Impulse auch für andere Unternehmen – gleich welcher Branche – ableiten.

  • Unternehmensentwicklung ist ein Langstreckenlauf. Mit Ausdauer und Kontinuität kann sich eine starke Arbeitgebermarke, eine stabile Kultur und ein entsprechender Sog im Umfeld entwickeln. Das ist ein riesiger Vorteil familiengeführter Unternehmen mit Langfristperspektive. Das gelingt nicht von heute auf morgen. Ist aber nachhaltig und verstärkt sich selbst, wenn man mal auf dem richtigen Weg ist.
  • Arbeitgeberattraktivität ist nicht allein Aufgabe von Geschäftsführung und Personalteam. Alle Führungskräfte sind gefragt und müssen gemeinsame Strategien mit Leben füllen. Nur wenn alle, die im Alltag zu den Mitarbeitern und nach außen wirken, leben und mittragen, was man nach außen kommuniziert, kann das wirklich wirksam sein. Die Führungskräfte spielen daher eine zentrale Rolle und es lohnt sich, deren Bedarfe aufzunehmen und ihre Ideen und Initiativen integrieren.
  • Wer Mitarbeiter um Feedback fragt, muss auch zuhören und dann Antworten liefern. Klingt banal – wird aber immer wieder mal vergessen. Wer fragt, muss dann auch Konsequenzen ziehen und dranbleiben. Deswegen gibt es hier ein paar schnelle Maßnahmen, die sofort umgesetzt werden und eine direkte Rückinformation in der firmeneigenen Hauszeitung mit dem treffenden Namen „Salatblatt“.
  • Die Magie ist längst da – sie will nur entdeckt werden. In Prozessen der Arbeitgeberpositionierung ist der Schlüssel zum Erfolg das Erkunden dessen, was die eigenen Mitarbeiter denken. Immer wieder entdecken wir dabei gemeinsam großartige Formulierungen, bewegende Geschichten und berührende Werte. Was Arbeitgeber auszeichnet? Es sind fast nie die „üblichen“ Benefits, die auf jeder Karrierewebsite stehen. Es sind Emotionen, es ist Verbundenheit, es sind besondere Errungenschaften in der Kultur oder außergewöhnliche Erlebnisse und Geschichten. Hier ist einer der bewegenden Momente, als ein Betriebsleiter von den Kollegen aus Russland und der Ukraine berichten, die trotz der aktuellen Konflikte einen Weg finden, gut zusammenzuarbeiten. Neudeutsch würde man von interkultureller Integrationsleistung sprechen – hier heißt das einfach „Jeder ist uns willkommen und soll hier seine Arbeitsheimat finden“ oder „Wir gehen gut miteinander um – egal, wo Du herkommst.“. Da ist im Unternehmen längst eine enorme Stärke gewachsen.
  • Keine aufgesetzten Benefits, sondern vorhandene Besonderheiten stärken und ausbauen. Das ist häufig das Erfolgsrezept. In unserem Fall ist diese internationale Qualität eine besondere Stärke, die man herausstellen und weiter ausbauen kann. Moderne digitale und KI-Tools können dabei helfen – Stichwort Mitarbeiter-App, Übersetzungs-Apps und Einarbeitungs-Videos, die man per KI in alle benötigten Sprachen übersetzen kann. Wenn dann noch die persönlichen Kick-Off-Events und Anleitungen kommen, wird die Gemeinsamkeit noch stärker erlebbar und strahlt aus.
  • Wie so oft, liegt auch hier das Gute überraschend nah. Analysiert man, wie Mitarbeitende auf das Unternehmen aufmerksam werden und was sie besonders gut finden, erlebt man immer wieder interessante AHA-Erlebnisse. Gar nicht so selten – und auch hier relevant: die Nähe zum Wohnort, Menschen, die auf der Insel Reichenau leben und dann auch direkt hier einen guten Arbeitsplatz finden – die dürften für lange Zeit treu an Bord bleiben. Hat man das erkannt, konzipieren sich die Kommunikationsmaßnahmen fast schon von alleine. Da kann ein einmal jährliches Event mit lokaler Ausstrahlung oder ein Werbebanner am Betrieb wertvoller sein als die allseits gepriesene Social Media Kampagne…

Die Reise geht weiter

Gerade diese Woche haben wir die nächsten Etappen für 2025 gemeinsam geplant. Die Reise geht weiter und ist auf vielversprechendem Weg.

Wenn am Ende eine Situation entsteht, in der man sagt „Ja, die können das so machen“, dann war unsere gemeinsame Strategie erfolgreich und unverwechselbar. Ein großartiges Unternehmen, von Menschen mit einer guten Haltung geführt und an den richtigen Stellen als toller Arbeitgeber bekannt. Dann gibt es – zumindest hier – keinen Fachkräftemangel und das Unternehmen kann wachsen, wie es will und der Markt es hergibt.

Danke für Euer Vertrauen, Marlen und Moritz mit Team!

Ich finde eine schöne Ermutigung und ein tolles Beispiel für alle, die irgendwo auf dem Weg sind oder sich auf den Weg machen wollen.

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Hi ich bin Stefan und schreibe hier für großartige Arbeitgeber und eine bessere Arbeitswelt.

Ich bin selbst Unternehmer, motiviere als Keynote Speaker und begleite als Sparringspartner.
Fachkräftemangel? Jammern hilft nicht. Kluge Strategien schon.

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