Aus der Zukunft
Ich liebe ja diese Events und Erlebnisse, bei denen man das Gefühl hat, ein paar Schritte weiter als sonst in die Zukunft schauen oder gar gehen zu können.
So ähnlich wirken für mich Branchenevents wie das Recruiting-Festival #rc23 in Berlin, das ich gerade 2 Tage lang erlebt habe. Oben im Bild z.B. eine Technik, die ich vor 2 Jahren mal in einem virtuellen Event vom amerikanischen Gründer des Anbieters gesehen habe. Jetzt im ganz praktischen Einsatz: eine Hologramm-Box. Der Herr im Bild links ist Martin Seiler, Personalvorstand der Deutschen Bahn, der trotz heißer Tarifverhandlungen live am Event teilnehmen wollte.
Er steht nicht etwa in einer Infrarotkabine oder einem Kühlschrank – nein, was man hier sieht ist die „Ausgabe-Box“ einer dreidimensionalen Hologramm-Technologie. Martin Seiler stand zeitgleich in einem Studio mit Greenscreen und hat live auf die Fragen von Moderator Gero Hesse geantwortet. Alle Gesten, Bewegungen und Stimme lebensecht und in voller Größe in unsere Event-Location übertragen.
Spooky wird das, wenn die Box nicht mehr gebraucht wird und man echte Menschen und zugeschaltete nicht mehr optisch unterscheiden kann.
Auch das geht schon – ist nur noch immens teuer.
Doch beim Recruiting-Kongress ging es natürlich viel mehr um die Zukunft von Recruiting & More.
Lernen – aus Zukunft, von Großen und Pionieren
Wenn sich 1.000 Menschen aus Recruiting, HR-Tech und Personalthemen treffen, ist das für mich eine enorme Inspirationsquelle. Die, die da sind, sind meistens in vielen Themen schon weiter als der Durchschnitt. Die Perspektiven und Erfahrungen sind andere – all das ermöglicht den Blick in die Zukunft aus gleich mehreren Blickwinkeln:
Vordenker stellen Ausblicke vor, das inspiriert für die eigenen Vorträge und bringt immer wieder wertvolle Erkenntnisse.
Firmen berichten von Use-Cases. Aus den praktischen Erfahrungen kann man sehr viel lernen und mitnehmen.
Anbieter – sowohl große renommierte als auch innovative Start-Ups – präsentieren ihre Lösungen. Das zeigt, wohin der Markt sich entwickelt. Viele Lösungen sind für mittelständische Firmen zu groß oder zu teuer. Aber die Strategien und die methodische Herangehensweise lässt sich dennoch oft übernehmen. Und manche Lösung ist so gebaut, dass sie eben doch schon von recht kleinen Unternehmen super eingesetzt werden kann. Auch da ist mein Rucksack gut gefüllt 😉.
Große Unternehmen können auch oft ein Quell von Inspiration auch für kleinere Firmen sein. Hier waren viele große Arbeitgeber vertreten – oft mit gleich mehreren Personen. Employer Branding, Recruiting und Retention – das sind oft ganz verschiedene Abteilungen oder mindestens Personen. Hier werden.
Im letzten Jahr habe ich ja mehrere Interviews geführt und eine Sammelfolge als Podcast gemacht. Darauf habe ich dieses Mal verzichtet und mich ganz auf die Gespräche und das Networking konzentriert. Aber ich habe einige Interviews vereinbart, die dann nach und nach in aller Ruhe folgen werden.
Besonders schön dieses Mal: inzwischen sind sehr viele Kontakte gewachsen, ich treffe eine Menge bekannter Gesichter und knüpfe neue Kontakte dazu. Und: ich habe bei vielen Vorträgen eine große Bestätigung verspürt: vieles, was wir in unseren People-Strategy-Projekten als Strategie propagieren, ist absolut „State-of-the-Art“. Ich habe manches Mal innerlich gedacht „Sag ich doch…“. Auch schön.
Jetzt noch ein paar inhaltliche „Mitbringsel“
Es lebe die Kraft der eigenen Teams
Die Energie, Glaubwürdigkeit und Reichweite der eigenen Mitarbeitenden ist DER Schlüssel im Recruiting. Nicht neu, ich weiß.
Aber es gab viele interessante Fallbeispiele von Projekten der intensiven Einbeziehung der eigenen Mitarbeitenden. Einen der Preise zum Employer Branding gewann ein Berliner Klinikum. Hier wurden auf überzeugende Art und Weise die eigenen Mitarbeitenden integriert in die Maßnahmen zur Mitarbeitergewinnung.
Otto setzt stark auf die eigenen Leute als Botschafter. Die Influencer werden als interne Gruppe vernetzt und unterstützt. Die Basis aber ist eine Haltung des Vertrauens und die Ermutigung, dass Menschen ihre Botschaften nach außen tragen dürfen – und dafür auch Zeit einsetzen dürfen. Das schafft Reichweite und funktioniert unabhängig von der Firmengröße.
Tui als Großunternehmen hat dabei einen ganz ähnlichen Ansatz gefahren. Mitarbeitende werden ermutigt, Szenen aus der eigenen Arbeit zu teilen. Es gibt eine klare Botschaft, einen gewissen Zeiteinsatz für diese Corporate Influencer Arbeit einzusetzen. Die nötigen grundlegenden Spielregeln werden in Seminaren vermittelt, die Nutzung sozialer Medien ebenso trainiert. Das wurde in einer groß angelegten Kampagne unternehmensweit ausgerollt und dann als Corporate Influencer-Programm verstetigt.
Besonders interessant fand ich die konsequente Anwendung: TUI hat beschlossen, die sozialen Medien zu 100 % mit user-generiertem Content zu bespielen und damit mehrere Millionen Impressionen erreicht. MIt 0 € Invest in bezahlte Werbung oder Agenturleistungen. In der Reihe hinter mir saßen zwei Mitarbeiter einer großen Agentur und haben anerkennend über die enorme Reichweite gestaunt.
Firmen bewerben sich bei Talenten – wirklich?Die Aussage ist ja oft wiederholt. Aber wenn wir uns wirklich werbend um unsere Mitarbeiter von morgen bemühen würden – sähen dann Karrierewebsites und Stellenanzeigen noch so aus, wie sie heute meist aussehen? Hier gab es eine Menge guter Beispiele und provozierender Gegenüberstellungen. Bei Produkten sehen wir Bilder vom Produkt, mit klarem Preis, Leistungsdaten und Lieferzeiten. In Stellenanzeigen meist Text mit Bullet-Points, kein Gehalt und null Informationen darüber, wie schnell ich etwas höre. Dazu passen Aussagen zu Karriere-Websites und Stellenanzeigen (auch hier als schöne Bestätigung für unsere Ansätze): packt die Informationen dort hin, wo die Menschen sie suchen. Nämlich rund um die Stellenanzeige. Das spricht dann sehr dafür, auf der Unterseite mit der konkreten Stelle eben noch eine Menge mehr zu transportieren. Was sind typische Situationen in dem Job? Wie sieht die Arbeit aus? Schauen wir dann auf die Employee -Journey gibt es ebenfalls viel Verbesserungspotenzial. Von schnellen Reaktionen, kurzfristigen Video-Terminen bis zu echtem Feedback bei Absagen. Ein schöner Grundgedanke: Schenken Sie einem Bewerber etwas. Das kann eine kostenlose Auswertung einer Persönlichkeitsanalyse sein. Das kann Zeit für ein persönliches Feedback sein. Oder die Spende für ein Nachhaltigkeitsprojekt, mit dem Sie sich |
Coole Tools, der Wert von Daten und die Rolle von HR
Natürlich gibt es bei solchen Messen eine Menge interessanter Angebote.
Vieles an Software-Lösungen zum Beispiel:
Vom Bewerbermanagement-System bis zum Talent-Relationship-Management.
Von Plattformen für Empfehlungsprogramme bis Benefit-Portale.
Vom Befragungstool für Unternehmenskultur bis zum Feedback-Instrumentarium.
Was sich wie ein roter Faden durch die Veranstaltung zog: Daten, Daten, Daten.
Das gilt für die Analyse wichtiger Größen, die bisher oft nicht gemessen werden, obwohl jeder weiß, wie erfolgsentscheidend sie sind. Unternehmenskultur zum Beispiel. Oder Fähigkeiten. Dahinter steckt die große Frage „Wer kann was im Unternehmen?“.
Man sagt ja manchmal „Wenn wir wüssten, was wir wissen“. Auch dazu gibt es coole Tools und Plattformen.
Wichtiger noch erscheint mir auch hier das Bewusstsein für das dahinterliegende Anliegen: die vorhandenen Mitarbeiterpotenziale bestmöglich nutzen. Das hat zwei Seiten: es geht darum, die Jobs gut erledigt zu bekommen – aber es geht auch darum, Entwicklungsmöglichkeiten für Mitarbeitende zu generieren.
Daten sind auch elementar für eine gelungene Steuerung des Recruitings. Was sind kluge Kennzahlen und wie messen wir die Leistung des Recruitings? Vor allem aber: Wie machen wir die Kosten unbesetzter Stellen oder zu spät gestarteter Prozesse sichtbar?
Gute Kennzahlen schaffen hier eine Grundlage für etwas noch viel Wichtigeres: Personalthemen auf allerhöchster Ebene im Unternehmen zu verankern. Ich spreche ja gerne von der „Chefsache Menschen“. Im #rc23 wurde oft darüber geklagt, dass die Personaler nicht am Entscheider-Tisch sitze.
Wieder so ein Thema, das in kleineren Firmen leichter und schneller verändert werden kann als in großen.
Ach ja – und unser Begriff der „People Strategy“ verbreitet sich immer mehr. Im internationalen Bereich längst etabliert, wird die Bedeutung einer schlüssigen Gesamtstrategie für den Unternehmenserfolg immer breiter diskutiert.
„Sagt ich ja“ 😉