Arbeitszeitmodelle – wie Arbeitgeber umdenken und was sie bieten müssen

Arbeiten und Arbeitszeiten verändern sich gerade radikal: Teilzeitmodelle, 4-Tage-Woche, Elternzeit, Sabbaticals, JobSharing. Unter dem Druck der veränderten Realitäten im Arbeitsmarkt gibt es ein immer größeres und vielfältigeres Angebot an flexiblen Arbeitszeitlösungen.

Das ist auch gut so.

Aber dahinter liegt ein viel tiefgreifenderer Wandel als man denkt.

Möglich werden die vielen neuen Modelle, die neue Flexibilität, weil zwei Entwicklungen zusammenkommen. Da ist ein latent schon seit langer Zeit spürbarer Wunsch nach mehr Autonomie, Flexibilität und Freiheit in der Gestaltung des eigenen Lebens – und als wichtiger Eckpunkt zu dessen Planung – der eigenen Arbeitszeiten.

Der Wunsch dazu ist vermutlich schon alt. Aber wollen wir mal realistisch sein. Wünschen kann man sich viel. Realität wurden allzu komfortable Gestaltungsmodelle nur im Ausnahmefall.

Das hat sich geändert. Und zwar aus einem höchst profanen Grund. Firmen suchen händeringend gute Leute und haben inzwischen (zumindest weit überwiegend) verstanden, dass man wertvollen Mitarbeitenden tendenziell lieber Wünsche erfüllt als sie zu verlieren – nur weil man gemeinsam mit seinen alten (und schon länger eigentlich überholten) Denkmustern Recht behalten wollte.

Wunsch nach Zeitsouveränität trifft auf Fachkräftemangel

Halten wir also fest: der Wunsch nach flexibleren Arbeits-(Zeit-)Modellen findet einfach deshalb heute viel mehr Gehör, weil der Konkurrenzdruck unter den Arbeitgebern erheblich gewachsen ist.

Heute geht, was früher Wunsch war. Einfach, weil man es sich leisten kann.

Das ist auch viel weniger eine Generationenfrage als gemeinhin oft unterstellt. Nicht nur die 30jährigen fordern andere Arbeitszeitmodelle. Auch die 60jährigen könnten davon profitieren. Sie haben oft nur noch nicht realisiert, was alles möglich wäre. Oder anders dass eigentlich alles möglich wäre.

Sind Sie mit mir in der Analyse dieser Entwicklung?

Ich bewerte diese Entwicklung als ausgesprochen positiv. Menschen gewinnen mehr Freiräume, mehr Selbstbestimmung, mehr Eigenverantwortung. Das allein halte ich für ausgesprochen wertvoll.

Wozu ich einladen möchte, ist eine veränderte, weiterentwickelte Haltung zur dahinterliegenden Entwicklung. Eine positive und vertrauensvolle, experimentierfreudige Haltung auf Augenhöhe, die zu mehr Entspannung und Gelassenheit und vermutlich für alle Beteiligten besserem Arbeiten führt.

Dazu sollten wir uns anschauen, wie die Diskussionen, ja Kämpfe um mehr Flexibilität im Arbeiten überwiegend geführt werden.

Arbeitszeitmodelle: innere Widerstände bei Arbeitgebern

Beginnen wir bei den Arbeitgebern, den Führungskräften. Da schwingt beim Sprechen über Arbeitszeitmodelle häufig so eine latent ratlose Genervtheit mit „Was wollen die Leute denn noch alles? Können die nicht einfach mal ihre Arbeit machen?“.

Oder es tönt eher überfordert „Wie sollen wir denn einen ordnungsgemäßen Betrieb organisieren, wenn jeder nur noch kommt, wann er will?“.

Kommt Ihnen bekannt vor, oder?

Mit diesen – oft nur hintergründig wahrnehmbaren Emotionen, die JobSharing, Sabbatical, Teilzeitmodelle und 4-Tage-Woche auslösen, erklärt sich der Stress, die Anstrengung, die in den Diskussionen spürbar werden.

Ich glaube, der Kernaspekt dahinter hat mit den immer noch latent vorherrschenden Denkmustern der Kräfteverhältnisse zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu tun. Sollen die Leute doch froh sein, so einen guten Job zu haben. Was tun wir nicht alles für deren Wohlbefinden.

In Anbetracht der enormen Anstrengungen, die viele Arbeitgeber für ihre Teams unternehmen – gepaart mit dem teils überbordenden und wirklich oft nervigen bürokratischen Aufwand – ist das alles mehr als verständlich. Glauben Sie mir, ich weiß, wovon ich spreche. Versuchen Sie mal Ihren Mitarbeitern leckeres Mittagessen zu spendieren und das dann in einer kleinen Firma steuerlich und sozialversicherungsrechtlich korrekt zu verbuchen. Das ist – gelinde gesagt – bescheuert kompliziert.

„Arbeiten Sie doch, wann Sie wollen!“ – ein Plädoyer für eine neue Haltung

Wozu ich einladen möchte ist eine andere Haltung.

Wie wäre es, wenn wir Wünsche nach hoch flexiblen Arbeitszeitmodellen nicht als unverschämt oder mindestens selbstbewusst wahrnehmen würden, sondern einfach als normal?
Wie wäre es, wenn wir die Arbeitsbeziehung und den Deal zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern nicht einfach wirklich auf Augenhöhe definieren würden?

Dann könnte man sagen: „ich möchte Dich gerne in meinem Team haben und mit Dir zusammen arbeiten.“
Und umgekehrt „Ich finde Euer Anliegen gut und will mit meinen Fähigkeiten dazu beitragen. Ich komme gerne an Bord“.
Und dann würde man – vollkommen ergebnisoffen – beginnen darüber zu sprechen, wann, wie und in welcher Weise das am besten passt.

Eine meiner Headlines in meinen Vorträgen lautet

„Arbeiten Sie doch, wann Sie wollen!“

Wie viele Stunden pro Woche? In welchem Rhythmus im Jahr? An wie vielen Tagen? Wie oft im Homeoffice, auf Reisen oder im Büro? Mit Blick in die (persönliche) Zukunft – gibt es größere Vorhaben, die andere Zeiten erfordern (damit meine ich nicht nur Familienphasen, sondern vielleicht auch Wünsche nach Auslandsaufenthalten, Sabbaticals, umfangreicheren Weiterbildungen o.ä.).

Arbeitszeitmodelle offensiv anbieten – die neue Superkraft für Arbeitgeber

Mit einer solchen Haltung werden all die unendlich vielen Gestaltungsmöglichkeiten an Arbeitszeitmodellen von der Bedrohung des Abendlandes zur bunten Vielfalt der neuen Normalität. Ich finde das herrlich entspannend. Man muss sich über nichts aufregen und findet einfach nur gute Lösungen.

Noch nicht ganz an Bord?

Ich höre förmlich Einwände aus der traditionellen Arbeitswelt:

„Aber wie sollen wir das denn organisieren?“

„Das ist doch kein Wunschkonzert.“

Lassen Sie mich beide Aspekte getrennt beleuchten, haben Sie doch unterschiedliche Hintergründe.

Vielfältige Arbeitszeitmodelle fordern die Organisation

Gibt es eine Fülle unterschiedlicher Arbeitszeitmodelle, steigen natürlich die Anforderungen an die innerbetriebliche Organisation. Ja – das ist eine Herausforderung. Als alle um 8 ins Büro kamen, eine Stunde Mittagspause hatten und um 17 Uhr wieder gingen, war die Welt noch einfach. Man musste nicht mal fragen „Sind Sie morgen da?“.

Aber wissen Sie, was ich heute in vielen Firmen bei dem Thema höre? Da wird zwar geklagt über fehlende Flexibilität, aber Personaler sagen mir dann regelmäßig Sätze wie „Wissen Sie was – wir haben hier bestimmt 40 verschiedene Arbeitszeitmodelle“. Geht doch – möchte man sagen. Warum dasnn so widerwillig und nicht mit positiv-offensiver Haltung.

Ganz im Sinne „Wir können das“. Mein Credo:

Organisieren sie Ihre Firma so, dass sie gut funktioniert,
egal, wann, wie lange und von wo aus Menschen arbeiten.

Ist das einfach? Nein. Zum Glück.

Wenn es einfach wäre, würden es ja alle machen. Dann wäre eine moderne Arbeitszeitorganisation ja kein Wettbewerbsvorteil im Kampf um Talente mehr. Und das wäre doch schade.

Klar braucht man dazu eine gute Kapazitätssteuerung. Klar benötigt man dazu moderne Tools. Ja, Sie müssen mehr kommunizieren. Aber wissen Sie was: Sie haben einen so dicken Vorteil anderen Arbeitgebern gegenüber. Sie gewinnen gesunde, zufriedene und produktive Mitarbeitende und jede Menge Gelassenheit. Das gilt auch für Chefs, Führungskräfte und HR-Teams.

Arbeit ist doch kein Wunschkonzert? Nein – aber ein neuer Deal auf Augenhöhe

Kommen wir zum anderen Einwand. Den mit dem Wunschkonzert.

Man könnte fragen: „Warum eigentlich nicht? Wunschkonzert ist doch toll.“

Allerdings nur, wenn am Ende auch was Schönes gespielt wird. Blenden wir auch hier das unterschwellige Gefühl des „Immer muss ich mich um alles kümmern…“ auf Arbeitgeberseite aus, wird schnell klar, dass Augenhöhe nie nur einseitig sein kann. Niemand hat gesagt, dass Mitarbeiter sich alle denkbaren Arbeitszeitmodelle wählen dürften – einfach so.

Es gibt immer einen zweiten Teil des Wunschkonzerts. Die Anliegen des Unternehmens sind genauso wichtig, wenn das Spiel aufgehen soll. Was brauchen unsere Kunden? Wann müssen wir wie präsent sein? Wie viel Planung können wir sicherstellen, wie viel Flexibilität benötigen wir in unserem Geschäftsmodell?

Meine Erfahrung ist, dass es für Menschen vollkommen selbstverständlich ist, auch die Interessen des Unternehmens, seiner Kunden und der Kollegen und Kolleginnen zu berücksichtigen. Im Gegenteil. Je mehr Vertrauen, Bereitschaft zu unterschiedlichen Modellen und Freiheitsgrade Unternehmen Ihren Mitarbeitern entgegenbringen, desto mehr Engagement, Identifikation und Flexibilität dürfen sie umgekehrt uach von ihren Leuten erwarten.

Wenn das nicht so ist, haben sie womöglich die falschen Leute an Bord.

So nutzen Sie Arbeitszeitmodelle clever: 5 Strategien für erfolgreiche Arbeitgeber

Und damit schließt sich übrigens ein Kreis zum anderen Aspekt der Organisation. Noch mehr Gelassenheit für Chefs kann entstehen, wenn Sie Augenhöhe und Verantwortung auch bei der Umsetzung zulassen.

Schichtplanung, Dienstplanung und Arbeitszeit-Koordination gelingt dort besonders gut, wo auf Basis guter Modelle, vertrauensvollen und dennoch klaren Absprachen das letztliche Matching im Team abgestimmt wird. Beziehen Sie Ihre Leute mit ein, geben Sie Verantwortung in die Teams.

Dann regelt sich vieles von alleine. Sie müssen nur noch sensibel hinschauen und spüren, wo Zugeständnisse immer von denselben Leuten kommen und vielleicht etwas Fairness verloren geht.

So modernisieren Sie Ihre Haltung zu Arbeitszeitmodellen

Also fassen wir nochmal zusammen:

  • Das Bedürfnis nach Zeitautonomie sitzt tief, gibt es schon lange und ist ein zentraler Faktor für Wohlbefinden, Gesundheit und Produktivität von Menschen. Das sollten wir fördern. Das hilft Menschen, ihr Leben besser und gesünder zu organisieren. Produktiver ist man dann auch.
  • Erzwingt der Fachkräftemangel Entgegenkommen von Arbeitgebern und entwickeln sie mehr Flexibilität nur unter Druck und eher unfreiwillig, verschenken wir jede Menge Potenzial und reiben uns in energiefressenden Kämpfen auf. Bitte loslassen!
  • Viel besser: Definieren wir den Deal rund um Arbeiten auf Augenhöhe. Beide Seiten formulieren Wünsche, Eckpunkte und Optionen und dann findet man das jeweils passende Modell.
  • Organisieren Sie Ihre Firma so, dass es egal ist, wann und von wo Menschen arbeiten. So können Sie vielen Bedürfnissen gerecht werden und haben große Vorteile im Kampf um Talente.
  • Vertrauen Sie auf das Verantwortungsbewusstsein Ihrer Leute. Geben Sie Freiraum und Vertrauen und Sie erhalten Loyalität und Leistung. Das ist viel wichtiger als die Frage, wann die Arbeit erledigt wird.

Neues Denken – neue Arbeitszeitvielfalt: so punkten sie im Kampf um Talente

Haben Sie diesen innerlichen Haltungswechsel erst mal vollzogen, eröffnen sich ganz neue Horizonte. Wo früher Stress entstanden wäre, sprießen jetzt Ideen.

Sie suchen eine Verkäuferin für Brillenladen oder Metzgerei und eine im Grunde tolle Bewerberin oder Bewerber eröffnet Ihnen „Nein, Samstags kann ich nicht arbeiten.“. Früher hätte man direkt abgesagt und abends Kollegen kopfschüttelnd und entrüstet von der heutigen Arbeitsmoral erzählt. „Keiner will mehr arbeiten“, „Niemand will mehr Vollzeit antreten“ – Sie kennen die ganzen Sprüche. Das alles ist vertane Lebenszeit. Mit der neuen Haltung tauchen ganz andere Ideen auf: „Klasse, dann sind Sie von Montag bis Freitag mein Mann / meine Frau. Lassen Sie uns starten“.

Dann suchen Sie sich zwei oder drei Leute, die sich am Samstag noch was dazu verdienen wollen und Freude an der Arbeit haben. Das können Studenten sein oder auch frühere Mitarbeiter, denen in der Rente langweilig ist.

Haben Sie im sozialen Bereich gute Bewerber nur für die Arbeitszeiten tagsüber? Das ist doch kein Ausschlussgrund. Investieren Sie lieber in ein kluges Konzept von Springer-Teams oder einem internen Marktplatz für Dienste. Das ist nicht einfach. Aber wenn Sie diese Hürde genommen haben, erweitert sich Ihr Talente-Pool auf einen Schlag erheblich. Mal ganz davon abgesehen, dass es sich herumspricht, wenn ein Arbeitgeber verlässliche Arbeitszeitmodelle sicherstellen kann und maximale Flexibilität bietet.

Und zum Glück sind Menschen unterschiedlich. Es gibt meistens auch Menschen, die lieber zu anderen Zeiten arbeiten wollen, als das Gros der Kollegen. Ja – es kann sein, dass Sie denen, die nachts arbeiten oder die ungeliebten Zeiten übernehmen, etwas mehr bezahlen müssen. Aber das ist doch letztlich nur fair.

Diese Liste an Beispielen könnte ich immer weiter fortsetzen. Wenn Sie davon mehr wollen oder Unterstützung wünschen bei der Gewinnung Ihrer Chefs und Führungskräfte für diese Haltung und moderne Arbeitszeitmodelle  – dann sprechen Sie mich gerne an. In Keynotes und Strategieworkshops vertreiben wir die Geister des alten Denkens und schaffen die Voraussetzungen für eine moderne Arbeitszeit-Strategie. Damit Sie auch morgen noch genügend Talente finden.

Podcast Arbeitszeitmodelle – ein Plädoyer für mehr Gelassenheit und Zeitsouveränität

Die Podcastfolge ist ein Plädoyer für ein radikales Loslassen der alten Vorstellungen. Stattdessen empfehle ich eine positive und offensive Haltung á la „Arbeiten Sie doch, wann Sie wollen. Wir machen das möglich!“. Wie das gelingen kann und wie sich Arbeitgeber dadurch das Leben leichter und die Firma am Arbeitsmarkt erfolgreicher machen – Hören Sie rein.

Vorträge, die begeistern und Wirkung zeigen

Fachkräftemangel, Corona, Digitalisierung, New Work – der Wandel der Arbeitswelt stellt alte Sicherheiten in Frage.
Bringen Sie Licht ins Dunkel und Motivation in die Köpfe und Herzen. Mit Vorträgen, die begeistern, ermutigen und zum Handeln anstiften.
Von einem, der selbst Unternehmer ist und viele große und kleine Unternehmen begleitet hat.

Begleitung auf dem Weg zum großartigen Arbeitgeber

Viele Unternehmen sind spitze in Technologie und Markt. Auf der Menschenseite besteht Nachholbedarf. In der Arbeitswelt von morgen haben Firmen mit den Methoden von gestern keine Chance. Machen Sie Menschen zur Chefsache und sich auf den Weg.
Wir sind Sparringspartner und Begleiter für Ihren Erfolg. Entwickeln Sie Ihre People Strategy und machen Sie Ihre Firma fit für die Zukunft der Arbeit.

2024-08-22T20:39:46+02:00
Nach oben