Stellenbesetzung und Arbeitgeberkommunikation im Schnelldurchlauf – Ein Praxisbeispiel

Heute will ich mal von einem aktuellen Kundenprojekt erzählen, dem wir uns – neben anderen – um den Jahreswechsel und eben auch während meiner Remote-Phase in Thailand sehr intensiv gewidmet haben.Was das mit dem Zuflüstern ins Ohr zu tun hat, dazu gleich mehr.Aber das Bild passt auch sonst. Denn ich will Ihnen ein paar Hintergründe zu unserer Strategie und Methodik in diesem Projekt erzählen – als Inspiration und Denkanstoß.Das Projekt ist mitten in der Umsetzung. Noch ist offen, wie stark wir nachsteuern müssen und wie lange es letztlich dauert, bis alle offenen Stellen gut besetzt sind.Doch der Reihe nach…

Die Challenge – 30 % Wachstum auf einen Schlag

Die Energieagentur Rheinland-Pfalz (EA) ist eine landeseigene Einrichtung zur Beratung von Kommunen und Bürgern zu Energiewende und Klimaschutz. Etwa 80 Mitarbeitende sind dazu von mehreren Standorten aus in ganz Rheinland-Pfalz aktiv.Im Zuge umfangreicher Initiativen des Landes Rheinland-Pfalz (Kommunaler Klimapakt sowie ein umfangreiches Investitionsförderprogramm) sind in kurzer Zeit ca. 25 Stellen neu zu besetzen. Ambitioniert. Zumal die vorherigen Stellenausschreibungen eher magere Resonanz hatten – wie bei so vielen Arbeitgebern in diesen Tagen.Da kommen wir ins Spiel und unterstützen bei dieser Herausforderung. Angesichts des Aufgabenumfangs und der Eile auch stärker in der operativen Unterstützung als sonst.Wir waren uns schnell einig, dass es nicht `nur´ 😏 um die aktuelle Besetzung der offenen Stellen gehen soll, sondern dass sich im Zuge des Projektes auch der Arbeitgeberauftritt inkl. der entsprechenden Prozesse weiterentwickeln und damit eine langfristige Wirkung entstehen soll.Zum Ende des letzten Jahres haben wir dann gemeinsam mit den Teams von Energieagentur die Konzeption entwickelt. Jetzt sind wir mitten in der Umsetzung.Einige Elemente der Strategie möchte ich hier teilen.

Die Aufgabe und der Sinn stehen im Mittelpunkt

In unserer Analyse war schnell klar, dass wir auf die Aufgabe selbst und ihren Sinn fokussieren wollen. Bisherige Mitarbeitende sind überzeugt von ihrer Aufgabe, verfolgen echte persönliche Anliegen. Und genau das ist der größte Attraktor für die neu zu besetzenden Stellen.Natürlich haben wir weitere wertvolle Aspekte in Gesprächen und Kurzworkshops herausgearbeitet. Doch Sinn, Motivation und Anliegen stehen im Mittelpunkt der Kampagne.

„Machen Sie Ihr (Herzens)Anliegen zum Beruf“

wirbt für die Jobs in Energiewende und Klimaschutz.(Wenn Sie jemanden kennen, der zum Profil passt…. – Sie wissen schon. Hier geht´s zur Karriereseite. 😉Als zentrale Kommunikationsplattform musste zunächst genau diese Karriereseite aufgebaut werden. Was so schnell geschrieben ist, erfordert eine Menge Klärungen. Auf welchem System ist die Website aufgesetzt? Was kann verändert werden? Gibt es interne Kapazitäten? Stehen externe Dienstleister zur Unterstützung zur Verfügung? In ganz kurzer Zeit mussten diese Weichen gestellt werden. Uns war klar, dass sich hier im Prozess ständig Änderungen ergeben würden.Durch ein super kompetentes und engagiertes internes Team konnten alle Fragen schnell geklärt werden und das Aufsetzen der Seiten intern erfolgen. Die Textbausteine dazu sind übrigens größtenteils mit Blick aufs Meer entstanden.Als zweiter Arbeitsschwerpunkt mussten die Stellen „profiliert“ werden. Was macht den Job wirklich aus? Was müssen Menschen wirklich mitbringen? Für wen ist genau diese Aufgabe besonders interessant und wo finden wir diese Personen?Die Kunst: weg von den üblichen Stellenbeschreibungs-Buzzwords, hin zu ganz konkreten Situationen und Erlebnissen. Was genau bewirkt man mit der Aufgabe? Woran merkt man, dass man einen tollen Job gemacht hat? Was motiviert wirklich? In welchen Situationen wird das spürbar?Aus diesen Informationen entstehen dann Karriereseite, Stellenausschreibungen und Kommunikationsstrategien.

Die Karriereseite – mehr als Stellenanzeigen

Trotz der Eile, sollte die Karriereseite umfassenden Einblicke geben und Lust machen auf Job und Arbeitgeber. So haben wir eine allgemeine Karriereseite entwickelt, die alles Grundlegende beschreibt.Für die beiden wichtigsten Stellenfamilien zeigt eine eigene Landingpage detailliert die jeweilige Aufgabe. Storys und O-Töne von Stelleninhabern illustrieren die Rolle. FAQs klären weiter auf. Und – ganz wichtig: die weitere Kontaktaufnahme und Bewerbung ist niedrigschwellig und klar kommuniziert.Man kann sich per Formular schnell und unkompliziert bewerben.(Ganz im Sinne, das System verbessern zu wollen und nicht nur das aktuelle Problem zu lösen, wurde das zugehörige Bewerbermanagement-Modul der Personalsoftware in kürzester Zeit angepasst und aufgesetzt.)Welche anderen Kontakt-Optionen es gab- dazu gleich noch mehr.Neben diesen insgesamt 3 Landingpages gibt es dann für jede einzelne Stelle eine Unterseite. Im Hintergrund wurde sichergestellt, dass die Informationen passend für Google for Jobs bereitgestellt werden konnten. Dann findet der Suchende den Job direkt und ohne Kosten. Die Jobausschreibung der bezahlten Plattform wird meistens auf die gleiche Weise gefunden – via Google. Nur dass man dann beim Klick auf der Jobplattform landet und gleich noch 70 Jobs des Wettbewerbs findet. Richtig gemacht, landet man beim Klick auf der eigenen Karriereseite. Exklusiv.Wenn Sie mal schauen wollen, finden Sie die Karriereseite hier.Aber mit einer Einschränkung 😉: die Seite ist super aktuell. Das heißt (für unsere Zwecke der Inspiration leider), es ist schon nicht mehr alles da, was ich hier erläutere.Warum? Eine Kategorie von Jobs konnte sehr schnell besetzt werden. Damit hatte eine der drei Landingpages ihren Job ziemlich schnell erledigt.

Mitarbeitergewinnung – anders gedacht  

In der Kommunikationsstrategie haben wir uns zunächst komplett gegen bezahlte Stellenausschreibungen oder klassische Personalvermittlung entschieden. Die Sichtbarkeit im Netz für Suchende ist durch Google und kostenlose Portale schon gewährleistet. Lediglich eine regionale Zeitungs-Annonce sollte geschaltet werden.Jetzt kommen unsere beiden Jungs aus dem Foto oben ins Spiel – symbolisch zumindest. Sie stehen für Zusammenhänge im Arbeitsmarkt, die zwar eigentlich jeder kennt, aber die in den Strategien zur Stellenbesetzung meist kaum vorkommen.  Wie machen Sie das eigentlich, wenn Sie etwas Wichtiges entscheiden wollen?Klar, macht man so seine Recherchen. Die einen mehr, die anderen weniger 😉.

Aber bei den allermeisten Menschen spielt etwas anderes eine wichtige Rolle:
Wir fragen Freunde und Bekannte, denen wir vertrauen.

Wir fragen, ob Sie einen guten Tipp haben und versuchen, auf Dinge aufmerksam zu werden.Wir fragen, ob Sie mit dem einen oder anderen schon Erfahrungen gemacht haben.Wir fragen im Vertrauen nach dem echten Eindruck als Insider – mit Blick hinter die Fassade.Ist man offen für einen neuen Job ist es genauso. Wir fragen Menschen, denen wir vertrauen. Wir hören auf Empfehlungen in Kreisen, zu denen wir uns zugehörig fühlen. Studienkolleginnen, Alumni-Vereine, Verbände, Netzwerke.Deshalb findet ein ziemlich großer Teil des Arbeitsmarktes gar nicht auf der öffentlichen Seite der (bezahlten) Stellenanzeigen statt. Die besten Tipps gibt´s im persönlichen Gespräch, in internen Foren, Verbands-Rundschreiben, Chatgruppen – oder beim Warten auf die Kinder vor der Kita.Und genau diese Zusammenhänge stellen wir in den Mittelpunkt unserer Strategie.

Die Kraft der Multiplikatoren

Wir haben von Beginn im Prozess das gesamte Team der Energieagentur einbezogen. Nach einer Erstinformation über Projekt und Strategie in einer virtuellen Betriebsversammlung folgte eine ausführlichere Information und dann ein Mitarbeiter-Workshop.Von der positiven Resonanz waren wir begeistert. Fast 3/4 der Mitarbeitenden nahmen an einem zweistündigen Online-Workshop teil, bei dem wir ausführlich erläutert und im zweiten Teil eine Fülle an Ideen entwickelt und gesammelt haben. Das war übrigens einer der Workshops, die ich aus meinem Hotelzimmer in Thailand gestreamt und begleitet hatte.Durch unser Online-Umfragetool unterstützt, kamen in kürzester Zeit unglaublich viele konkrete Ansatzpunkte zum Streuen der Stellenangebote zusammen. Gefragt haben wir zu ganz vielen Aspekten: Hochschulen, Alumni-Netzwerke, Verbände, Veranstaltungen, Multiplikatoren, die unterstützen könnten.Wir haben ausgelotet, was sich die Teilnehmer bei eigenen Vorträgen vorstellen können. Alle haben konkrete Kontakte gesammelt, die persönlich angesprochen werden sollten. Alles will ich nicht verraten – aber die Liste war lang, die Bearbeitung läuft noch. Das Team der Energieagentur unter Leitung von Christina Kaltenegger-Braun hat sehr gut und regelmäßig kommuniziert und die große Mannschaft immer gut im Bilde gehalten.Dank individueller Trackingcodes wird nachverfolgt, wie effizient welche Wege sind. Über persönliche Kontakte, den Newsletter der Energieagentur, Signaturen in den Emails und viele viele individuelle Aktivitäten der Mitarbeitenden, konnten gute Bewerber gewonnen werden.Mehr Besucher auf der Website – das kann man einkaufen. Über die Passgenauigkeit und Qualität sagt das aber nicht unbedingt viel aus. Im Gegensatz dazu kann man bei diesen gezielt entstandenen Kontakten von einer sehr viel höheren Erfolgswahrscheinlichkeit ausgehen.

Reichweite, Kaffee und weitere Zutaten  

Doch damit nicht genug. Ebenfalls auf sehr großes Interesse stieß das Angebot, ein Coaching für die professionelle Nutzung von Linkedin im Zuge des Recruitings zu machen. Darüber werden wir nochmal separat berichten. Nur soviel sei gesagt: wer ein LI-Firmenprofil betreut und hofft, damit Reichweite im Arbeitsmarkt zu erzielen, ist leider auf dem Holzweg. Der Schlüssel zur Reichweite sind persönliche Profile engagierter und regelmäßig kommunizierender Teammitglieder.Genau das befindet sich gerade in der Umsetzung und das Team der EA leistet hier gerade eine tolle Arbeit. Dabei ist die Wirkung solcher Netzwerkarbeit ja eher auf langfristige Wirkung angelegt. Dennoch soll sie auch kurzfristig helfen. Effekte sind schon spürbar.Großes Augenmerk haben wir gemeinsam auf den Prozess der Bewerbung gelegt. Tolle Resonanz fand das Angebot der „Coffee-Dates“. Während mehrerer Wochen wurde einmal mittwochs ein Video-Meeting angeboten. Interessenten konnten sich unkompliziert einklinken und sich über die Jobs und den Arbeitgeber informieren. Christina Kaltenegger hat von sehr konstruktiven Gesprächsrunden berichtet. Oft mit der Rückmeldung

„Ich wollte mal sehen, wie Ihr so drauf seid. Jetzt bewerbe ich mich.“

Genauso sollte das funktionieren. Hürden runter. Persönlichkeit zeigen und früh ins Gespräch kommen.Auch das Bewerbungsverfahren selbst haben wir rationell gedacht. Statt klassischer Bewerbungsgespräche haben wir ein Format des Assessment-Workshops konzipiert, das dann nach Bedarf noch um persönliche Gespräche ergänzt wird.

Work in Progress…

Wie gesagt – wir sind noch mitten im Prozess. Es gibt Stellen, die schnell besetzt werden konnten, bei anderen schärfen wir nach. Natürlich haben wir uns nicht ausschließlich auf die hier beschriebenen Maßnahmen verlassen.Wir haben im Hintergrund mit Partnern, Dienstleistern und externen Experten verschiedene Optionen der Reichweitensteigerung für unseren Bedarf im Projekt ergründet, verglichen, vorbereitet.Das versetzt uns jetzt in die Lage, für die vermuteten Bedarfe die entsprechenden Personen oder Dienstleister am Start zu haben. Ob wir Reichweite aus sozialen Medien auf die Karriereseite oder zu bestimmten Jobs benötigen oder erfahrene Recruiting-Insider das Netz im Active Sourcing durchforsten müssen. Es ist ein gutes Gefühl, gute Optionen in petto zu haben. Was wir davon benötigen?Da sind wir selbst gespannt. Bisher jedenfalls hat die engagierte und tolle Arbeit des EA-Teams sehr gute Ergebnisse gebracht.Das ist eine schöne Bestätigung dafür, dass wirksame Mitarbeitergewinnung am besten von innen kommt. Und vieles davon jenseits der bekannten und meist sehr kostspieligen „offiziellen“ Wege läuft.

Gelingt es, diese Kultur und die entsprechenden Prozesse im Unternehmen zu etablieren und langfristig auszubauen, wachsen Bekanntheit, Reichweite und Talente-Pool.Das macht es in Zukunft dann viel leichter, jederzeit Stellen besetzen zu können.

Genau so soll das sein und dafür arbeiten wir gemeinsam weiter!