Recht auf Homeoffice ?

Warum das Recht auf Homeoffice kontraproduktiv und die richtige Haltung entscheidend ist

Die Diskussion ist schon verrückt. Wurde Homeoffice lange Zeit unnötig kritisch gesehen, schießen jetzt manche in die andere Richtung übers Ziel hinaus und fordern ein Recht auf Homeoffice.

Was vielleicht gut gemeint wäre – ich halte das für falsch. Obwohl – oder gerade weil ich ein Verfechter des flexiblen Arbeitens von überall bin. Die Möglichkeit dazu sollte selbstverständlich sein, gute Arbeitgeber haben die Lektion längst verstanden. Spätestens durch Corona ist jedem klar, dass man sehr vieles von außerhalb des Büros erledigen kann. Jedes strategisch geführte Unternehmen wird Formen und Möglichkeiten entwickeln, wie Mitarbeiter in Zukunft flexibler arbeiten können als in der Vergangenheit. Das war vor Corona schon angesagt, nach der Krise ist es zwingend, um im Arbeitsmarkt der Zukunft eine Chance zu haben.

Ein Recht auf Homeoffice setzt dabei falsche Signale. Voraussetzung für erfolgreiches Zusammenarbeiten ohne Präsenz sind Vertrauen, klare Ziele und Selbstverantwortung der beteiligten Mitarbeitenden. Diese Zusammenarbeit über die Distanz zu entwickeln ist ein Lernprozess für Mitarbeiter wie Führungskräfte.

Warum ein „Recht auf Homeoffice“ kontraproduktiv wäre
Wie bei so vielen Regelungen im Arbeitsrecht liegt dahinter eine Haltung, den „schwächeren“ Arbeitnehmer vor dem „ausbeuterischen“ Arbeitgeber schützen zu wollen. Dafür gibt es dann Regelungen, Ausnahmen und Kriterien. Das mag gut gemeint sein – aber was würde passieren?

Fall 1: Homeoffice geht, wird positiv gesehen und erprobt. Alle sind happy, ein Recht ist nicht erforderlich.

Fall 2: Homeoffice ginge leicht, der Arbeitgeber oder Führungskräfte verweigern es aber auch nach der Krise. Ein Recht könnte sie zwar zwingen – aber was ist damit in der Zusammenarbeit gewonnen? Ich bin fest davon überzeugt, dass der Wandel im Arbeitsmarkt ein viel stärkeres Argument ist. Der Fachkräftemangel sorgt schon für „Druck auf dem Kessel“. Wer in Zukunft normale Arbeitsformen verweigert, muss sich nicht wundern, wenn Mitarbeiter zu flexibleren Arbeitgebern wechseln. Ein Recht braucht das nicht.

Fall 3: Firma und Arbeitgeber fördern Homeoffice. Bei einzelnen Funktionen oder Mitarbeitern bestehen sie auf Präsenz – sei es wegen der Funktion, wegen fehlender Leistung oder fehlendem Vertrauen. Betroffene Mitarbeiter würden womöglich genau in solchen Fällen ihr Recht einfordern. Das wäre der einzige Fall, in dem das Recht auf Homeoffice wirken würde – und das wäre dreifach kontraproduktiv. Erstens für den konkreten Fall, in dem es ja gute Gründe gibt, Präsenz zu fordern. Zweitens würde das gesamte Modell in Misskredit gebracht, wenn man Anwendungen erzwingt, die nicht schlüssig sind. Drittens – und das halte ich für das schlimmste: Gibt es ein Gesetz, zwingt es Arbeitgeber, sich restriktiver zu verhalten und sich vor erzwungenem Homeoffice zu schützen. Das geht auf Kosten des positiven Bildes dieser Form des Arbeitens und der vielen Menschen, die positiv, mit hoher Produktivität und Vertrauen auch außerhalb des Büros ihre Leistung bringen.

Was der Staat tun kann
Wenn der Staat den wünschenswerten Impuls hat, mehr Flexibilität und Homeoffice zu fördern, gäbe es genug andere Dinge. Er könnte Hindernisse aus dem Weg räumen. Eine steuerlich einfach absetzbare Pauschale für Homeoffice-Tage wäre fair und hilfreich. Regelungen, die flexibles Arbeiten erleichtern bei Datenschutz, Arbeitszeitregelungen etc. wären unterstützend.

Er könnte mit gutem Beispiel vorangehen. In kaum einem Feld könnte Arbeit so leicht flexibilisiert werden wie bei den Millionen Mitarbeitern in öffentlichen Verwaltungen. Hier ist viel Raum für eine Vorbildfunktion. Sollten die privaten Arbeitgeber hinter der Flexibilitätsquote der öffentlichen Verwaltung zurückbleiben, können wir ja nochmal über das Recht auf Homeoffice sprechen.

Was Sie stattdessen tun sollten
Wichtiger als das Recht auf Homeoffice im Gesetz ist das Recht auf Homeoffice im Kopf. Und hier ist der Handlungsbedarf immer noch groß. Nutzen Sie diese außergewöhnliche Phase zum Reflektieren über die eigene Haltung zum Arbeiten von außerhalb des Büros. Wo liegen unsere Vorbehalte? Was hatte früher eigentlich dagegen gesprochen? Welche Befürchtungen hatten wir? Welche Erfahrungen haben wir jetzt gemacht? Was lernen wir daraus für die Zukunft?
Was würde eigentlich passieren, wenn wir sagen würden „Jeder kann arbeiten, von wo er oder sie will“? Was müssten wir dafür organisieren, vereinbaren und lernen?
Ich glaube, dass das die wichtigen Fragen sind, mit denen wir uns jetzt beschäftigen sollten.
Weiterarbeiten wie vorher und „ein bisschen mehr Homeoffice“ – das reicht nicht als großartiger Arbeitgeber. Da darf schon etwas mehr kommen. Nutzen Sie die Zeit, sich dazu ein wirklich zukunftsfähiges Bild zu machen. Das ist viel stärker als jedes Recht auf Homeoffice.