Gestatten, Paule!

Der Schein trügt. Das Tierchen sieht zwar possierlich aus, ist aber hochgefährlich.

Dabei ist sein Ruf umstritten: für die Einen ist er die Abkürzung in den Feierabend. Für die anderen eine lebensbedrohliche Plage.

Paule ist unser Stoff-Affe, den wir gerne in Führungskräfteseminare mitnehmen. Er steht symbolisch für die gerade beschriebene und besonders perfide Falle, die Führungskräfte von ihrer eigentlichen und so wichtigen Führungsarbeit abhält.

Führungskraft wird oft, wer vorher schon viel geleistet hat und in seinem Feld eine Menge kann.

Kommen Sie mal mit mir ein normales deutsches Büro (die Szene spielt vor einigen Monaten und sie wird auch bald wieder aufgeführt).

Es ist gegen 17 Uhr. Frank geht zu seinem Teamleiter Andreas ins Büro. „Du, Andreas. Ich hab den ganzen Tag an der Auswertung gesessen. Mit dieser Pivotfunktion in Excel komme ich einfach nicht zurecht. Du hast die immer so cool aus dem Handgelenk gezaubert. Könntest Du mir da mal gerade eben helfen oder mir die kurz machen?

Sie ahnen, was passiert.

Andreas ist stolz auf sein legendäres Excel-Können. Außerdem ist Frank ziemlich engagiert und hat kleine Kinder. Bevor der sich jetzt noch länger quält…

„Lass mal sehen – ach. Schick mir die Datei gerade, ich schau´s mir mal an.“

ZONG! Die Falle ist zugeschnappt.
Frank hat Feierabend und sein Chef den Affen.

Paule ist von der Schulter seines Herrchens auf den Schreibtisch von Andreas gehüpft.

Andreas meint es ja gut. Er ist wirklich der Beste in Excel (Paule-Bingo: ersetze Excel durch Angebot, Präsentation, Budgetplan, … – Paule ist Allesfresser). Er nimmt die Datei mit nach Hause und sitzt abends dran. Dabei entdeckt er noch ein paar Fehler in der Anlage der Auswertung. Das macht er jetzt mal richtig.

Am nächsten Morgen zeigt er sein Ergebnis. Frank ist baff und dankbar. Andreas ist stolz und genießt seine „Heldenpunkte“ – süßes Gift.

Kennen Sie das? Das perfide ist ja, dass dieses Verhalten zutiefst menschlich ist.

Unter dem Gesichtspunkt von Führung ist es grundfalsch.

Denn in der Regel ist das kein Einzelfall. Paule testet nicht nur gerne Grenzen aus, er ist ein Herdentier und geht gerne dorthin, wo was los ist. Es gibt Chefbüros, in denen sich die Affen auf dem Schreibtisch stapeln, die Fensterbänke bevölkern. Selbst in und auf Schränken fühlen sie sich wohl. Paule und Kollegen fahren auch gerne Auto. Sie knuddeln dann auf dem Rücksitz. Besonders freuen Sie sich, wenn sie mit nach Hause dürfen.

Die neuen Affenbesitzer kann das in den Wahnsinn treiben. Sie sind überlastet. Träumen von den Affen. Vor allem: Sie führen nicht. Vernachlässigen ihre strategischen Aufgaben.

Was das kostet, dürfte klar sein. Mitarbeiter bleiben unter ihren Möglichkeiten. Das Führungsdefizit führt zu Frust und nachlassender Motivation.

Menschen verlassen ihre Führungskraft. Dass die immer so nett war, gilt nicht als Ausrede.

Wie hält man Affen artgerecht?

Dabei ist die artgerechte Affenhaltung gar nicht so schwer. Gut erzogen sind Paule & Co lustige Gesellen. Hält jeder die richtige Zahl von Ihnen und erzieht sie gut, sind alle glücklich.

Affenerziehung ist natürlich für Mitarbeiter anstrengender, als den Affen beim Chef abzugeben, wenn er rumzickt. Spielt der Chef mit und wird zum Tierheim, ist das die willkommene und bequeme Abkürzung in den Feierabend.

Wenn das geht – wie doof wäre es denn, dem Chef die Heldenpunkte vorzuenthalten.

Die Botschaft für Chefs und Chefinnen:
Alle Affen bleiben strikt bei ihrem Herrchen oder Frauchen.

Wer mit einem Affen ins Büro kommt, geht mit seinem Affen auch wieder heraus. Punkt.

Sie können bei der Affenerziehung helfen. Fragen Sie, welche Unterstützung es braucht. Steuern Sie Ideen und Anleitung bei. Nehmen Sie sich auch gerne mal Zeit, gemeinsam eine Lösung anzudenken.

Aber füttern Sie nie die Affen anderer Leute. Die werden Sie nie wieder los.

Homeoffice schützt vor Paule nicht

Wenn Sie denken „Jetzt ist ja eh alles anders. Wir arbeiten alle im Homeoffice. Das schützt nicht nur vor Viren, sondern auch vor Affen“, muss ich Sie enttäuschen. Paule & Co sind anpassungsfähiger als ihre Wirtstiere. Paule hat sich längst virtualisiert und clevere Varianten gebildet.

Er taucht ungefragt in Posteingang, Videomeeting oder Chat-Nachricht als Anhang auf. NEIN! Klicken Sie nicht. Die Nachricht sieht unscheinbar aus. Einmal geöffnet, ersteht der virtuelle Paule in voller Lebensgröße, sucht sich ein Plätzchen auf Ihrer Festplatte und nistet sich in Ihr Hirn. Der schafft es sogar in Ihr Handy, auf Ihr Tablet und in die Smartwatch.

Wenn es ja nur Paule wäre…

Leider ist Paule nicht die einzige Gefahr für gutes Führen.

In der aktuellen Podcastfolge schauen wir Führungskräften im Alltag über die Schulter und entlarven 5 weitere Fallen. Die müssen Sie unbedingt im Alltag vermeiden – bei sich selbst und insgesamt im Führungssystem in Ihrem Unternehmen.

Da ist die Falle des Herrschaftswissens. Wer Wissen und Know-How für sich behält, gewinnt keine Freiräume. Dumm gelaufen.

Da ist die Falle des fehlenden Erklärens. Wer keine Zeit und Muße hat, Menschen im Unternehmen zu erklären und verständlich zu machen, muss sich nicht wundern, wenn die Begeisterung in der Umsetzung fehlt und Menschen sich von der Firma und ihrer Führung entfremden. Fatal.

Da ist die Falle des „Dafür werde ich nicht bezahlt“. Wenn Führungskräfte am Ende nur für Umsätze und fachliche Ziele mit Anerkennung und Zielprämie honoriert werden, muss man sich nicht wundern, dass sie unter Druck auf Mitarbeitergespräche, Feedback und Personalentwicklung verzichten. Unternehmen, die das zulassen, steuern ihren Laden in den Abgrund.

Vielen vertraut ist auch die Falle des fehlenden Delegierens. Wer jammert, dass da niemand zum Delegieren sei, hat seine Führungsaufgabe nicht erfüllt. Delegation ist erst mal Mehraufwand. Aber eine Investition, die sich lohnt. Wer dazu keine Zeit zu haben glaubt, irrt gewaltig. Er hat die nicht delegierte Aufgabe dann lebenslänglich.

Die Falle der falschen Erwartung ist ebenfalls fatal. Wer im alten Führungsbild festhängt und meint alle Vorgänge selbst steuern zu müssen, wird zum Flaschenhals. Man kämpft mit aller Macht gegen die Überlastung, bis es nicht mehr geht. Führungskräfte werden zuerst zum Flaschenhals und dann krank.

Auch in Sachen guter Führung ist es manchmal so,
dass man nur das falsche Verhalten erkennen und weglassen muss.

Dann entsteht der Raum für das Richtige:
Zeit für gute Führung und strategische Aufgaben.
Zeit und Muße für die eigene Weiterentwicklung und
die der Menschen, die große Teile Ihrer (Lebens-)Zeit bei Ihnen investieren.

Podcast – Mitarbeiterführung: Fallen vermeiden

Klar, Führung ist wichtig. Doch wie sieht die Praxis aus?
Da lauern raffinierte Fallen, in die Führungskräfte hineintappen – und dann eben nicht führen. Weil sie zu viel zu tun haben. Weil sie Mitarbeiter unterstützen wollen. Weil Sie dafür nicht bezahlt werden. Hören Sie rein und prüfen Sie mal, welche Fallen Ihnen bekannt vorkommen.

2021-04-14T09:48:25+02:00
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