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Die Medienberichterstattung zu Fachkräftemangel und wirtschaftlicher Entwicklung ist von Jammern und Klagen geprägt. Dabei erscheint die Situation oft dramatischer als sie ist. Die größte Gefahr dabei: es entwickelt sich eine psychologische Abwärtsdynamik. Wir sehen nur noch die negativen Entwicklungen und verlieren Zuversicht und Energie. Man könnte auch sagen „Wir reden uns den Standort schlecht“. Dabei wissen eigentlich alle: Jammern hilft nicht. Alle Zeit und Energie, die wir ins Jammern stecken, sollten wir besser in die Entwicklung von Lösungen investieren. In dieser Folge beleuchte ich 5 Perspektiven des Fachkräftemangels, lege den Finger in die Wunde und zeige gesellschaftlichen, politischen und unternehmerischen Handlungsbedarf. Ach ja – und einen weisen Ratschlag von meinem Taxifahrer Hussein in Berlin gibt es auch 😉.

Podcastfolge #123

Jammern hilft nicht: 5 Perspektiven und Lösungsansätze für den Fachkräftemangel

Themen:

  • Es regt mich auf: Wie isolierte Nachrichten zur Panikmache verwendet werden – dabei ist alles halb so schlimm.
  • Lass sie doch arbeiten: Ob Vorruhestand oder Altersteilzeit – es gelten immer noch Regeln aus Zeiten der Arbeitslosigkeit. Die Hindernisse müssen weg und Menschen in Arbeit bleiben.
  • Es geht auch smarter: Beim Digitalisieren und Automatisieren sind wir viel zu defensiv. Modernisieren wir Abläufe, können wir stupide Arbeit einsparen und das Leben verbessern.
  • Können ist wichtiger als Zeugnisse: Deutschland ist immer noch abschlussfixiert. Geben wir Menschen Gelegenheit, zu zeigen, was sie können. Hier schlummern Potenziale.
  • Sprache ist nicht entscheidend: Warum man besser deutsch lernt, nachdem man angefangen hat zu arbeiten und in naher Zukunft die Sprache eh keine Rolle mehr spielt.
  • Wir regeln uns zu Tode: Unendlich komplizierte Regeln machen Arbeiten kompliziert und verursachen Blindleistung im Umfang von Millionen Arbeitsplätzen. Würden wir einen Teil der Regelungen abschaffen und vereinfachen, würde eine Menge Zeit frei.
  • Was mein Taxifahrer sagt: Hussein ist Iraner und seit 1987 in Deutschland. Eigentlich Elektroingenieur fährt er in Berlin Taxi und hat einen weisen Rat als Antwort auf meine Frage „Was sagen Sie denn den Deutschen, die hier ständig klagen?“

Es wird gejammert und geklagt, was das Zeug hält. Jedenfalls kann man das glauben, wenn man der Medienberichterstattung über Fachkräftemangel und wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland zuhört. Deshalb habe ich heute fünf Thesen und eine allgemeine Betrachtung dazu zusammengestellt und möchte Sie zur Diskussion einladen, weil ich glaube, wir können uns sehr viel klüger verhalten, als ständig zu jammern und zu klagen. Stattdessen sollten wir einfach die Zukunft entwickeln.

Perspektivenwandel: Zwischen Schlagzeilen und Realitäten – Eine Betrachtung aus verschiedenen Blickwinkeln

Es ist allgemein bekannt, dass Katastrophenmeldungen und große Ausschläge eher in den Schlagzeilen landen als langsame, positive Entwicklungen ohne Katastrophen. Wenn man sich die Nachrichten ansieht und sich nur auf die großen Krisen konzentriert, die zwangsläufig begrenzt sind, kann man leicht die Zuversicht verlieren.

Ich gehöre nicht zu den Menschen, die sagen, man solle überhaupt keine Nachrichten schauen. Es ist wichtig, sich zu informieren, aber bitte nicht ausschließlich auf die dramatischen und wirklich schlimmen Entwicklungen fokussieren. Die Welt ist viel größer, es gibt viele weitere Entwicklungen, und es lohnt sich, mit Gelassenheit auf das zu schauen, was große Wellen schlägt.

Ich bin derzeit in Berlin und hatte heute Morgen ein Fernsehinterview. Es war eine spannende Diskussion in einer halbstündigen Sendung auf einem kleinen Sender. Eine Frage des Journalisten hat mich jedoch ein wenig gestört, da er die negative Entwicklung am Standort Deutschland anhand der Insolvenzentwicklung beleuchten wollte. Natürlich ist die Zahl beeindruckend: Im Januar gab es 26 Prozent mehr Unternehmensinsolvenzen als im Dezember 2023 – was dramatisch klingt, aber das ist nur die halbe Wahrheit!

Wenn man genauer hinschaut, sieht die Situation ganz anders aus. Wir nähern uns fast wieder dem Insolvenzstand vor Corona an, und während der Pandemie wurden die Regeln gelockert, sodass mehr Unternehmen, die sonst längst Insolvenz hätten anmelden müssen, überleben konnten. Diese Welle ist zurückgegangen, und jetzt kehren wir wieder zum normalen Niveau zurück. In diesem Licht betrachtet ist es überhaupt keine Katastrophe, sondern es ist großartig, dass wir diese Phase so gut gemeistert haben.

Und was möchte ich damit ausdrücken?

Oftmals erleben wir eine übertrieben aufgeregte Berichterstattung, die jede negative Schlagzeile mitunter mit fundierten, manchmal aber auch absurden Theorien untermauert. Wenn man dem zuhört, kann man leicht die Zuversicht verlieren, es sei denn, man ist sich bewusst, dass die Welt eigentlich viel besser ist. Es geht nicht darum, die Dinge schönzureden, sondern darum, sie nicht schlechter zu machen, als sie sind. Außerdem ist es wichtig, im Auge zu behalten, dass ständige Krisen auch ein Standortfaktor für Nachrichten sind. Wenn alle ständig über die negativen Aspekte klagen, wie sollen sich dann Menschen, die überlegen, in welchem Land sie leben möchten, dazu entscheiden können?

Wir reden uns selbst und potenziellen Investoren oder Menschen, die unser Land als Standort in Betracht ziehen sollten, die Dinge schlecht. Das hat einen sehr hohen Preis, der vielen nicht bewusst ist. Ich finde es immer äußerst interessant, mit Menschen aus anderen Ländern zu sprechen, und ich bin natürlich besonders aufmerksam, wenn ich in anderen Ländern unterwegs bin und sich der Blick auf Deutschland dadurch komplett verändert.

Heute Morgen bin ich mit einem iranischen Taxifahrer zum Sender gefahren. Er lebt seit 1987 in Deutschland und hat hier Elektrotechnik studiert. Er war auch mehrere Jahre berufstätig, bevor er 1999 als Taxifahrer begann. Allein das ist eine Art Verschwendung von Talent. Aber nur weil ich es nicht gut finde, Dinge schlecht zu reden, heißt das natürlich nicht, dass alles gut ist. Im Gegenteil, es gibt viele Bereiche, in denen wir uns verbessern müssen, und das betrifft nicht nur Unternehmen.

Ich spreche regelmäßig über diese Themen in meinem Podcast, in Vorträgen und in unserer Beratungsarbeit. Es gibt gesellschaftspolitische und politische Aspekte, an denen wir arbeiten sollten, anstatt uns mit populistischen Thesen zu beschäftigen.

Wie können wir die Dinge wirklich verbessern?

Dazu habe ich fünf Themenfelder zusammengestellt, die ich beleuchten möchte, ohne den Anspruch auf Vollständigkeit zu erheben.

Die Zukunft der Rente?

Fangen wir mal damit an, was passiert, wenn Menschen in den Ruhestand gehen. Die größte Zielgruppe von Menschen, die zusätzliches Arbeitskräftepotenzial bringen können, sind die erfahrenen Menschen. Gerade unsere Generation, all die, die bisher ein wenig auf’s Abstellgleis geschoben wurden, sind eigentlich die erfahrenen Mitarbeiter, die, wenn sie denn Lust zum Arbeiten hätten und die nicht komplett verloren haben oder abtrainiert bekommen haben, am besten länger in der Arbeit bleiben.

Ich persönlich befürworte eine Rente mit 75 Jahren.

Die loyalen Zuhörer, wissen natürlich, dass dies nicht gesetzlich festgelegt ist. Vielmehr sollte die Unterstützung darauf ausgerichtet sein, dass Menschen im Alter von etwa 55 oder 58 Jahren gerne und mit Freude bis zum Alter von 70 oder 75 Jahren arbeiten können. Am Ende sollten sie jedoch idealerweise nicht mehr in Vollzeit, sondern vielleicht in Teilzeit- oder Remote-Arbeitsmodellen tätig sein können. Sie könnten einige Monate arbeiten und dann einige Monate reisen oder sich um ihre Enkel kümmern. So könnte es für alle Beteiligten eine bereichernde Erfahrung sein.

Es wäre schön, wenn dies der Fall wäre, jedoch sind die aktuellen Regelungen noch anders. Dennoch ist es erfreulich, dass es nach der Pandemie gelungen ist, Regelungen zu verlängern, die es Menschen ermöglichen, fast ohne Einschränkungen neben ihrer vorgezogenen Rente oder während des Rentenbezugs zusätzliches Einkommen zu verdienen. Das ist ein großer Fortschritt.

Wie können wir Arbeitsplatzabbau und Unternehmenswachstum in der aktuellen Wirtschaftslage besser verstehen?

Wenn wieder über den Standort geklagt wird, kommt oft das Thema Arbeitsplatzabbau auf den Tisch. Ja, das geschieht, aber es lohnt sich, genauer hinzuschauen. Wer baut eigentlich ab? Vor allem große amerikanische Unternehmen, die während der Pandemie durch den Online-Boom viele Stellen geschaffen haben und nun ein wenig zurückrudern. Während also über die paar Tausend Menschen gesprochen wird, die nun gehen müssen, wird oft übersehen, dass in den letzten Jahren fünfmal so viele neue Stellen geschaffen wurden. Das ist eine sehr positive Entwicklung, die jedoch oft übersehen wird.

Einige Unternehmen bauen auch ab, weil sie den Wandel in ihrem Geschäftsmodell verschlafen haben.

Vor etwa zehn Jahren haben mir die Ingenieure aus der Automobilindustrie überheblich beschrieben, dass das mit der E-Mobilität nie was wird. Andere Unternehmen hingegen haben Autos entwickelt, die zahlreiche Vorteile bieten und inzwischen als zukünftiger Standard gelten. Für Deutschland, das stark auf die Automobilbranche gesetzt hat, ist das ein harter Schlag. Automobilzulieferer und -hersteller haben riesige Probleme mit dieser Transformation, die mit Arbeitsplatzabbau einhergehen wird. Doch das ist Teil des normalen Prozesses in einer Marktwirtschaft.

In der Öffentlichkeit wird oft viel Aufhebens um die wenigen Unternehmen mit vielen Mitarbeitenden gemacht, die Stellen abbauen. Doch es wird viel zu wenig über die vielen Hunderttausend Unternehmen gesprochen, die wachsen und dringend nach neuen Mitarbeitenden suchen. Hier läuft etwas schief, sowohl mental als auch kulturell. Es sollte normal sein, dass Arbeitsplätze abgebaut werden und qualifizierte Menschen auf den Arbeitsmarkt kommen. Wir sollten darüber nachdenken, wie wir diesen Übergang erleichtern können, was letztlich allen zugutekommt.

Weiterhin tätig sein im Rentenalter?

Was passiert eigentlich mit den großen Vorruhestands- und Altersteilzeitprogrammen, die von Industrieunternehmen angekündigt werden? Ich bin zwar kein Experte in der genauen Umsetzung, aber soweit ich weiß, ist oft in den Verträgen festgelegt, dass man während der passiven Altersteilzeit nicht arbeiten darf. Diese Programme stammen noch aus einer Zeit, in der Menschen oft schon mit 50 oder 55 Jahren aus sozialen Gründen in den Ruhestand geschickt wurden. Man versuchte damals, sie bis zum Eintritt in die gesetzliche Rente finanziell abzusichern. Doch das ist ein Modell von gestern und zudem sehr teuer.

Heutzutage benötigen wir dringend neue Programme.

Alle sollten die Möglichkeit haben, auch nach dem Erhalt einer ordentlichen Abfindung gerne weiterhin tätig zu sein. Denn qualifizierte und kompetente Menschen, die finanziell abgesichert sind und Lust haben, noch ein paar Jahre einem jungen Startup zu helfen oder in einem mittelständischen Unternehmen zu arbeiten, ohne unbedingt das gleiche Gehalt wie zuvor zu erwarten, wären eine Bereicherung. Das wäre sicherlich nicht das Schlimmste, was passieren könnte.

Es gibt also viel zu tun, um mehr Beschäftigung zu schaffen. Ein Beispiel, das oft genannt wird, betrifft die vorzeitige Möglichkeit, in Altersrente zu gehen. Dabei denkt man oft an den Dachdecker, der mit 67 Jahren nicht mehr auf das Dach steigen kann. Doch schaut man sich die Fakten an, so sind es zu 70-80 Prozent Ingenieure und kaufmännische Angestellte in bester Gesundheit, die bereits mit 62 Jahren in den Ruhestand gehen und dann leider ohne Arbeit dastehen. Dies wird sogar aus Steuergeldern finanziert. Hier liegen die Spielregeln noch in einer Zeit, die nicht mehr zu unserer Gegenwart passt. Wir sollten darüber diskutieren, wie wir diese Dinge verbessern können und alle Hindernisse beseitigen, die Menschen daran hindern, in flexiblen Modellen freiwillig und gerne weiterzuarbeiten, ohne dass dies erschwert oder sogar verboten wird.

Automatisierung und Digitalisierung: Revolution oder Evolution der Arbeitswelt?

Lassen sie uns das nächste Thema angehen: Automatisierung und Digitalisierung. Das ist zweifellos ein enormes Thema, und wir sind definitiv auf dem richtigen Weg. Doch was mich wirklich stört, ist der Eindruck, den ich in Deutschland gewinne: Viele Menschen scheinen dieses Thema äußerst defensiv anzugehen. Sie lassen sich von der Digitalisierung eher in die Zukunft schieben, anstatt aktiv voranzuschreiten. Sicher, in manchen Fällen ist das akzeptabel, aber insgesamt könnten wir von einer deutlich positiveren, forscheren, neugierigeren und experimentierfreudigeren Mentalität profitieren.

Natürlich ist Digitalisierung und Automatisierung nicht die sofortige Lösung für den Fachkräftemangel. Doch für die Zukunft ist es zweifellos entscheidend. Wenn ich für bestimmte Tätigkeiten keine Mitarbeiter mehr finde, die zu wettbewerbsfähigen Preisen arbeiten können, muss ich entweder diese Tätigkeiten einstellen, mein Geschäftsmodell ändern oder über Automatisierung nachdenken.

Technologische Unterstützung ermöglicht es heute, dass Aufgaben, die früher von zehn Mitarbeitern erledigt wurden, nun von zwei, drei oder vier Mitarbeitern bewältigt werden können. Roboterarme sind ein Beispiel dafür, wie Automatisierung in der Praxis funktionieren kann. Diese Roboterarme können beispielsweise in Bäckereien oder Produktionsstätten eingesetzt werden und ermöglichen eine effizientere Zusammenarbeit mit menschlichen Mitarbeitern. Es gibt faszinierende Beispiele, bei denen solche Technologien sogar aus der Ferne gesteuert werden können.

Beispiel – Estland und die Digitalisierung

Natürlich ist Digitalisierung in allen Verwaltungsabläufen von Bedeutung, und manchmal kann ich es kaum glauben. Tatsächlich gibt es in Deutschland Kommunen, die bereits viele Dinge online ermöglichen, was eigentlich auch durch das Online-Zugangsgesetz gefordert wird. Vor Weihnachten lagen auf meinem Schreibtisch etwa 25 Grundsteuerbescheide oder -erklärungen, die abzugeben waren. Vor einigen Jahren habe ich in Estland erlebt, wie effizient das digitale System funktioniert. Daten müssen dort nur einmal eingegeben werden und sind dann in einer eigenen App verfügbar. Man kann sie überprüfen und freigeben – ein Prozess, den man während einer Busfahrt mit nur wenigen Klicks erledigen könnte. Wenn ich mir vorstelle, wie viel Aufwand in Deutschland betrieben werden muss, um Millionen von Bescheiden zu versenden, dann ist das kaum zu fassen. Es werden sicherlich viele Einsprüche eingehen, und man kann sich gar nicht vorstellen, wie viel ineffiziente Arbeit wir uns damit auferlegen.

Ein weiteres Beispiel, wieder aus Estland: Dort kann man nicht nur ein Konto eröffnen, was mittlerweile auch in Deutschland möglich ist, sondern auch eine Firma gründen und ein Auto zulassen – alles rein digital. Man kann ein Auto kaufen, es direkt mitnehmen und alle Formalitäten mit Käufer und Verkäufer im Auto erledigen. Die Kennzeichen werden dann später per Post nach Hause geschickt, während man bereits digital über die App eine Bestätigung hat, dass alles in Ordnung ist.

Die digitale Autozulassung: Ein Blick auf Komplexität und Potenzial

Kurz vor Jahresende habe ich spontan ein neues Auto gekauft und wollte es schnellstmöglich zulassen. Ich war stolz darauf, dass ich einen Zulassungstermin bei der Verwaltung reservieren konnte – komplett digital und sogar kurzfristig. Ich konnte auch das Kennzeichen reservieren. Neugierig geworden, wollte ich herausfinden, ob ich in Deutschland ein Auto genauso digital zulassen kann. Und Sie werden es nicht glauben: Es ist möglich, zumindest laut Aussage. Es gibt die vierte Stufe der Zulassung, eine vollständig digitale Zulassung. Also war ich motiviert und begann damit, bis ich versuchte, die Bedienungsanleitung für die digitale ID-Karte zu lesen – also unseren Personalausweis mit aktivierter elektronischer Funktion.

Ehrlich gesagt halte ich mich nicht für begriffsstutzig, aber die Komplexität, die nötig ist, um mit dieser ID-Karte überhaupt arbeiten zu können, hat mich überfordert. Ich gehe davon aus, dass die meisten Menschen ähnliche Erfahrungen machen würden, sodass die praktische Anwendung trotz theoretischer Verfügbarkeit kaum möglich ist. Wir machen die Dinge so kompliziert, dass sie letztendlich nicht funktionieren, und dabei war es so viel Aufwand. Ich vermute, eine einfachere Lösung wäre sogar weniger Arbeit gewesen. Es scheint, als könnten Sie noch so viele Beispiele hinzufügen, aber es geht nicht nur um die technische Umsetzung in der öffentlichen Verwaltung. Vielmehr geht es um eine grundlegende Einstellung und darum, dass wir mit mehr Energie und Vorwärtsdrang Digitalisierungsprojekte angehen sollten, die tatsächlich eine Entlastung bringen. Darin liegt enormes Potenzial. Statt uns über die Probleme zu beklagen, sollten wir unsere Energie in die Digitalisierung investieren – das würde uns allen zugutekommen.

Ist ein Abschluss in Zeiten des Fachkräftemangels für bestimmte Berufe überhaupt noch nötig?

Was ist eigentlich wichtiger: formale Abschlüsse oder tatsächliche Fähigkeiten? Leider neigt Deutschland dazu, stark auf Abschlüsse und formale Kriterien zu fokussieren, wodurch viel Potenzial auf dem Arbeitsmarkt ungenutzt bleibt. Dies betrifft insbesondere Personen, die zwar keine herausragenden Abschlüsse vorweisen können, aber über umfangreiche Berufserfahrung und Kompetenzen in bestimmten Bereichen verfügen. Oft erhalten sie jedoch nicht die Möglichkeit, ihre Fähigkeiten zu zeigen, da die Einstellungskriterien bestimmte Abschlüsse voraussetzen. Dies ist ein Phänomen, dem ich immer wieder begegne.

Bei Diskussionen über die Anforderungen für eine ausgeschriebene Stelle ist es üblich, dass ein bestimmter Ausbildungsgrad gefordert wird. Es wäre jedoch sinnvoll, offener zu sein und Verfahren zu entwickeln, um zu testen, ob Bewerber die benötigten Fähigkeiten besitzen oder in der Lage sind, fehlende Fertigkeiten zu erlernen. Professionelle Testverfahren erfordern zwar mehr Aufwand als das Überprüfen von Zeugnissen, aber es lohnt sich und sollte stärker berücksichtigt werden.

Ein ähnliches Thema betrifft die Anforderungen für bestimmte Qualifikationen, wie beispielsweise im Pflegebereich, wo der Fachkräftemangel besonders spürbar ist. Natürlich gibt es hier berechtigte Anforderungen an qualifizierte Pflegekräfte, die bestimmte Rollen übernehmen sollen. Dennoch stellt sich die Frage, ob es nicht sinnvoll wäre, langsamere Zugangswege zu schaffen, um Menschen berufsbegleitend zu qualifizieren, oder mehr Türen für Quereinsteiger zu öffnen. Durch eine entsprechende Organisation der Arbeit könnten weniger hochqualifizierte, aber motivierte Personen, die keinen Abschluss haben, jedoch gerne in diesem Bereich arbeiten würden, zusammen mit hochqualifizierten Fachkräften mehr erreichen.

Chancengleichheit im Arbeitsmarkt: Überwindung bürokratischer Hürden und Anerkennung von Fähigkeiten

Natürlich gelten diese Überlegungen auch für Quereinsteiger, unabhängig davon, ob sie eine längere berufliche Pause hinter sich haben oder aus anderen Ländern kommen, wo ihre Abschlüsse oft nicht anerkannt werden. Die Verfahren zur Anerkennung sind oft langwierig und veraltet. In der heutigen digitalen Zeit könnte man erwarten, dass Prozesse in den Auslandsvertretungen effizienter ablaufen. Die Trägheit dieser Verfahren mag anderswo, zum Beispiel in Nairobi oder Jakarta, als rückständig angesehen werden und wirft ein schlechtes Licht auf Deutschland.

Zurück zu den Abschlüssen: Es sollte nicht ausschließlich auf Papiere, sondern vielmehr auf praktische Fähigkeiten und die Fähigkeit zur Integration ankommen, besonders wenn jemand bereit ist, für einen Einwanderer zu bürgen. Das tatsächliche Können sollte im Vordergrund stehen, und wir benötigen Mechanismen, um dies zu beweisen, anstatt bürokratische Hürden zu errichten.

Ein Beispiel hierfür ist mein Taxifahrer von heute Morgen. Er hat sich mit dem Taxi fahren arrangiert, aber er wird sich derzeit nicht woanders bewerben. Trotz seiner Erfahrung als Elektrotechnik-Ingenieur fühlt er sich nicht wettbewerbsfähig und glaubt nicht, dass der Arbeitsmarkt auf ihn wartet. Diese Situation ist bezeichnend für viele Menschen da draußen, die möglicherweise mehr können, als sie glauben, aber durch negative Erfahrungen entmutigt wurden. Wer es schafft, solchen Menschen eine Chance zu geben und sie zu ermutigen, könnte dazu beitragen, neue Talente in den Arbeitsmarkt zu integrieren.

Sprachenvielfalt im Service: Warum Englisch in deutschen Großstädten kein Problem sein sollte

Es gibt ein Thema, das mich schon lange beschäftigt: Manche Leute ärgern sich darüber, wenn sie in Berlin oder München in einem Hotel an der Rezeption auf Englisch angesprochen werden. Das liegt daran, dass das Team dort oft nur Englisch spricht, sowie vielleicht Spanisch, Portugiesisch oder Italienisch, aber wenig Deutsch. Für mich ist das in einem modernen Großstadthotel völlig in Ordnung. Aber einige Leute regen sich darüber auf. Doch wenn wir ehrlich sind, sind die meisten von uns doch froh, wenn die Menschen vor Ort so gut Englisch sprechen, dass wir uns verständigen können. Denn die meisten von uns beherrschen die Sprache des Ziellandes nicht perfekt. Trotzdem bekommen wir unseren Kaffee, können uns erholen, freundlich sein und eine tolle Zeit haben. Englisch ermöglicht es uns fast überall auf der Welt zu kommunizieren – eigentlich ganz einfach. Nur in Deutschland scheinen wir zu denken, dass es eine Schande ist, wenn wir Englisch sprechen.

Kürzlich hatte ich ein Erlebnis während der Sendung Markus Lanz, das mir zu diesem Thema ein „Aha“-Gefühl vermittelte, und zwar durch Claus Ruhe Madsen, den aktuellen Wirtschaftsminister von Schleswig-Holstein. Viele kennen ihn wahrscheinlich als den ehemaligen Oberbürgermeister von Rostock. Er erzählte seine eigene Geschichte auf eine sehr motivierende Weise. Als Däne kam er nach Schleswig-Holstein und sprach kein Wort Deutsch. Er begann in einem Möbelhaus zu arbeiten und lernte dort vom Kunden, dass bestimmte Dinge wie ein Tisch, ein Esstisch sind, und konnte diese dann auch verkaufen. Das ist natürlich etwas überspitzt dargestellt, aber seine Kernbotschaft war: Ich habe Deutsch gelernt, indem ich im Möbelhandel gearbeitet habe. Ich habe gelernt, dass ich, um Kontakte zu knüpfen, Deutsch sprechen muss. Also fing er an, nach und nach Deutsch zu lernen, und heute ist er Wirtschaftsminister. Natürlich wird nicht jeder, der ohne Sprachkenntnisse zu uns kommt, diesen Weg gehen. Aber der Grundgedanke ist doch: Warum erwarten wir, dass jemand perfekt Deutsch spricht, bevor er anpacken darf?

Sprachkenntnisse am Arbeitsplatz: Eine neue Perspektive auf Integration und Kommunikation

In vielen Berufen sind umfassende Sprachkenntnisse eigentlich gar nicht notwendig. Es ist viel einfacher, eine Sprache zu erlernen, wenn man mit Kollegen am Arbeitsplatz steht, sich täglich austauscht und sich mit verschiedenen Sprachen wie Deutsch, Englisch, Ukrainisch, Russisch oder anderen behelfen kann. Wir könnten dieses Problem meiner Meinung nach viel intelligenter lösen als bisher. Ein Gedanke, der vielleicht fatal klingen mag, aber realistischer ist, als den meisten bewusst ist: Sprache hat für uns eine enorme Bedeutung, weil wir daran gewöhnt sind, dass wir nur in unserer Muttersprache gut kommunizieren können.

Ein Teil der Bevölkerung kann vielleicht noch zwei weitere Sprachen, aber Sprache bleibt oft ein großes Hindernis in der Verständigung. Dabei muss das nicht so sein, und das war es auch nicht immer. Die Technologie ist bereits vorhanden. Es wird bald ganz normal sein, dass wir mit Kopfhörern und Mikrofonen an unserem Smartphone oder vielleicht sogar irgendwann implantiert in unserer Muttersprache oder einer anderen Sprache sprechen können. Ich spreche zum Beispiel Deutsch, mein Gesprächspartner hört dies und bekommt sofort eine Simultanübersetzung aus seinem Smartphone auf Indisch. Er antwortet auf Indisch, ich bekomme die Übersetzung auf Deutsch, und wenn die Technologie fortschreitet, wird dies so schnell geschehen, dass wir uns fast so flüssig unterhalten können wie zwei Muttersprachler.

Wenn man darüber nachdenkt, ist die Technologie bereits vorhanden. Es ist nicht mehr so neu, wie es vielleicht scheint. In einigen Jahren werden wir kaum noch bemerken, dass wir nicht dieselbe Sprache sprechen, weil die Technologie uns dabei unterstützt, und dann können wir uns mit allen Menschen auf der Welt gleichermaßen unterhalten.

Was das bedeutet, können sich die meisten noch gar nicht vorstellen. Zum einen bedeutet es, dass wir uns frei unterhalten können. Die Sprache ist kein Hindernis mehr. Das könnte bedeuten, dass mehr Menschen zu uns kommen, aber auch, dass mehr Arbeit von uns abwandert. Das ist eine Entwicklung, die sich viele heute noch nicht vorstellen können. Es wird darauf ankommen, in welchen Ländern die Bedingungen am attraktivsten sind, wo man sich am liebsten aufhält, wo man sich am besten aufgehoben fühlt und so weiter. Hier dürfen wir durchaus aufholen.

Sprache ist wichtig, Integration ist wichtig, aber wir sollten die Reihenfolge ändern. Zuerst arbeiten, zuerst ankommen, sich engagieren – das kann man ruhig auf Englisch machen. Deutsch lernt man dann beim Arbeiten.

Die Zukunft der Technologie und der Bürokratieabbau

Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Technologie, die das große babylonische Sprachengewirr auflösen wird. Doch es gibt noch einen fünften und letzten Punkt, über den wir viel gesprochen haben: den Bürokratieabbau oder vielmehr die Vereinfachung bürokratischer Prozesse. Manchmal denke ich jedoch, dass zur Reduzierung der Bürokratie so komplexe Verfahren entwickelt werden, dass es am Ende nicht einfacher wird.

Ich möchte zwei Aspekte näher beleuchten, einer davon betrifft den Arbeitsmarkt. In Gesprächen mit Personen im sozialen Bereich höre ich oft Aussagen wie: „Eigentlich habe ich heute genauso viele Menschen zu betreuen wie vor zehn Jahren, aber ich schaffe es nicht mehr.“ Und wissen Sie, warum das so ist? Nicht, weil die Menschen schwieriger geworden sind oder weil ich älter geworden bin – im Gegenteil. Es liegt daran, dass der bürokratische Aufwand heute viel größer ist als vor zehn Jahren.

Eine Dame, die in der Betreuung von Jugendlichen arbeitet, erklärte mir, dass es früher einen einfachen Vertrag gab, in dem festgehalten wurde, dass man sich um jemanden kümmert. Man hat unterschrieben, die Verantwortung übernommen und sich um seine 20 Bewohner gekümmert. Das war machbar. Heute gibt es jedoch alle paar Wochen neue Gutachten, viele bürokratische Kontrollmechanismen, die auf Misstrauen basieren, und einen unglaublichen Dokumentationsaufwand. Das ist einfach nicht mehr zu bewältigen. Dies geht zu Lasten der Betreuung und belastet die Mitarbeiter sowohl körperlich als auch psychisch. Dabei handelt es sich um selbstgemachte Probleme, die jedoch durch mehr Vertrauen, mehr Verbindlichkeit und weniger detaillierte Kontrollen durch weniger komplexe Verfahren gelöst werden könnten. Es ist an der Zeit, das dahinterliegende Weltbild zu hinterfragen und die bürokratischen Abläufe in eine Richtung zu lenken, die mehr Effizienz und menschliche Fürsorge ermöglicht.

Entbürokratisierung am Arbeitsplatz würde viel bewirken

Ein weiterer Punkt betrifft nicht direkt den Arbeitsmarkt, sondern ein Thema, das mich als Arbeitgeber von Anfang an unglaublich genervt hat: die übermäßige Bürokratie, geprägt von Misstrauen und Kontrollzwang, wenn es darum geht, den Mitarbeitenden etwas Gutes zu tun. Es fängt schon damit an, dass man Bewirtungsbelege sammeln muss, und allein das ist ein riesiger Aufwand. Noch schlimmer wird es, wenn man Mitarbeiter im eigenen Unternehmen bewirtet oder eine Kantine organisiert und dann eine zu versteuernde Summe auf die Lohnabrechnung packen muss. Dieses komplizierte Verfahren, bei dem die Mitarbeiter Nachteile haben und die Personalverwaltungen einen enormen Aufwand, ist frustrierend und bringt keinerlei Mehrwert. Das ist nur einer von vielen Bereichen, in denen die Bürokratie Überhand nimmt.

Wenn wir uns trauen würden, solche Bereiche zu vereinfachen, sodass sie unbürokratisch sind und dennoch Missbrauch verhindern, könnte dies enorme Vorteile bringen.

Unternehmen sollten unterstützt werden, wenn sie ihren Mitarbeitern etwas Gutes tun möchten.

Dies würde meiner Meinung nach gut in die Zeit passen. Wenn man weiter denkt, könnte man auch überlegen, ob es sinnvoll ist, Arbeit so stark zu besteuern, oder ob man mit einem anderen Steuersystem Arbeit attraktiver machen und den Einstieg erleichtern könnte. Doch das wäre ein weiterer Schritt. Lassen Sie uns zunächst die bürokratischen Hürden beseitigen, das würde bereits viel bewirken.

Positive Energie für Veränderung: Eine Einladung zum Handeln

Es ist offensichtlich, dass ich mich für diese Themen mit viel Energie einsetze. Sie gehören jedoch nicht zu den Themen, die sich so konkret lösen lassen wie beispielsweise mit spezifischen Recruitingstrategien, Employer-Branding-Strategien oder verbessertem Management. Dennoch glaube ich fest daran, dass wir mehr Stimmen benötigen, die uns ermutigen, nicht zu jammern, sondern Dinge aktiv zu verbessern. Ein weiterer Aspekt besteht darin, dass wir viel positiver darauf hinweisen sollten, was wir anzubieten haben, und unsere Erfolge beleuchten. Diese Erfolge gibt es in Hülle und Fülle, können aber nicht mit der Neuigkeit einer dramatischen Katastrophe in einem der Krisenherde unserer Welt mithalten.

Dafür brauchen wir geeignete Formate und vor allem viele Menschen, die das Positive in ihrem Umfeld weitertragen. In Unternehmen können Führungskräfte mit gutem Beispiel vorangehen und immer wieder bewusst machen, wie gut es uns eigentlich geht. Und ich habe noch eine Botschaft von Hosen, die ich nicht vergessen darf zu erwähnen. Wir haben uns sehr nett unterhalten, und irgendwann, da ich schon ungefähr wusste, welche Frage beim Interview kommen würde, habe ich ihn gefragt, da er nun schon über 30 Jahre hier in Deutschland ist: „Was würden Sie uns Deutschen empfehlen, weil hier so viel gejammert wird?“ Und wissen Sie, was er sagte? Ganz einfach: „Sechs Monate auswandern.“ Wir haben beide gelacht, weil ich diesen Gedanken oft hatte, wenn ich reise.

Ein Blick über den Tellerrand: Die Schönheit und Stärke unseres Landes erkennen

Es gibt zweifellos viele Bereiche, in denen wir uns verbessern können. Doch wenn man die Welt bereist und erlebt, wie sich mit unserem Pass nahezu alle Grenzen öffnen und man in andere Länder reisen kann, wird einem plötzlich klar, was auch in unserem Land wunderbar funktioniert. Es ist gar nicht alles so schlecht, wie es oft dargestellt wird.

Wir dürfen nicht in endlosem Jammern verfallen!

Denn jeder, der zuhört, entscheidet darüber, ob unser Land attraktiv erscheint oder nicht. Die Art und Weise, wie wir über die Dinge sprechen, wird letztendlich zur Realität. Deshalb gilt auch hier: Achte auf deine Gedanken, denn sie werden Worte. Achte auf deine Worte, denn sie werden Taten. Und achte auf deine Taten, denn sie werden Wirklichkeit. Das mag etwas philosophisch klingen, aber ich hoffe, dass wir alle dazu beitragen können, die positiven Aspekte und Perspektiven zu stärken und jeden, wo immer er dazu beitragen kann, dazu ermutigen, das System – sei es klein oder groß – zu verbessern.