Besser arbeiten durch inspirierende Umgebungen

Umgebung prägt sich ein – das kann man nutzen und schützen

Wir alle kennen das: alles Außergewöhnliche prägt sich ein. Wir wissen genau, wo wir waren, als wir von den 9/11-Attentaten erfahren haben (ich saß mit 2 Kollegen im Auto bei Bonn-Lengsdorf). Die Älteren unter uns wissen, wo wir die Nachricht vom Mauerfall wahrgenommen haben (ich saß trotz Erkältung senkrecht im Bett). In einer Kurve meiner Joggingstrecke habe ich vor einigen Jahren das Vorgespräch für ein großes Vortragsengagement geführt. Jedes Mal, wenn ich diese Kurve passiere, bin ich in Gedanken am Veranstaltungsort.

Kennen Sie, oder?

Umgebung prägt. Je ungewöhnlicher, desto stärker. Solche Erinnerungen holen automatisch bestimmte Gefühle und Einstellungen an die Oberfläche.

Das hat gleich mehrere Konsequenzen:

1. Schützen Sie Ihre Umgebungen und damit Ihre Psyche
2. Nutzen Sie die Kraft dieser Automatismen
3. Setzen Sie bewusste Anker für besondere Inhalte

Schützen Sie Ihre Räume

Das ist eine besondere Herausforderung für viele Menschen im Homeoffice gewesen. Arbeite ich am Küchentisch, muss ich mich nicht wundern, wenn sich die Gedanken an schwierige betriebliche Gespräche und Emails auch zwischen Rotwein, Toast und Gespräche beim Abendbrot schleichen.

Es ist klug, besonders emotionale und kritische Gespräche nicht am normalen Arbeitsplatz zu führen. Soweit möglich, halten Sie sich ihre wichtigsten Arbeitsorte von allzu negativen Schwingungen frei.

Wo sich Privates und Arbeiten räumlich nahe kommen, sorgen Sie für klare Unterscheidungen in der Umgebung. Nutzen Sie möglichst andere Orte oder mindestens eine andere Blickrichtung für das Arbeiten und für das Private.

Nutzen Sie die Kraft der Rituale

So unerwünscht der gerade beschriebene Effekt des „Ankerns“ bestimmter Gefühle in der Umgebung sein kann, so klug kann man ihn nutzen. Unbewusst macht das jeder, der sagt: „Im Büro kann ich einfach konzentrierter arbeiten“. Daran haben wir uns gewöhnt. Wir tragen bestimmte Kleidung, müssen den Ort wechseln, sitzen im Auto. Unbewusst bereiten wir uns auf die Arbeit vor. Dort angekommen, sind wir dann sofort im richtigen Zustand. Das funktioniert.

Im Schlafanzug zuhause klappt das so nicht. Doch die meisten Menschen haben nur einen solchen Ort „geankert“.

Besonders produktive Menschen nutzen das noch viel geschickter. Walt Disney soll mehrere solcher Orte und Räume genutzt haben: einen zum Kreativ-Sein, einen zum Umsetzen und managen und einen zur kritischen Reflektion.

Die Idee: für eine bestimmte Art des Arbeitens gibt es einen ganz bestimmten Ort. Z.B. ein extra Raum, in dem Sie sich zurückziehen für konzeptionelle Arbeiten. Ungestört.

Dass ich Teile meines Buches in Mallorca und anderswo in der Sonne entworfen habe, wissen Sie bereits.

Das eigentliche Schreiben fand aber auf unserer Galerie hier zuhause statt. Dort habe ich mir einen eigenen Arbeitsplatz eingerichtet, Bücher, die ich als Quelle verwenden wollte, bereitgelegt und einen großen Bildschirm installiert.

An diesem Platz habe ich nur am Manuskript geschrieben. Keine Emails, keine Videokonferenzen, keine Projektorganisation. Nach ein paar Tagen ist das Routine. Kaum sitze ich dort, bin ich produktiv in genau dem Thema, das dort „hingehört“.

Top Verkäufer haben kraftvolle Telefonstationen. Im Stehen an einem bestimmten Platz. Gehen Sie in diese Position, ist der „erfolgreiche-Verkäufer-Modus“ sofort mit aktiv. Keine Ablenkung. Power „on“.

An welchen Orten können Sie welchen Produktivitäts-Modus besonders gut aktivieren? Welche unterschiedlichen Arbeitsorte nutzen Sie?

Gemeinsam produktiv sein

Was wir gerade für die persönliche Produktivität beschrieben haben, gilt auch im Team. In welchen Räumen führen Sie entspannte Entwicklungsgespräche?

Haben Sie sich schon mal gewundert, dass im Meetingraum, in dem jähzornige Chefs schon mal explodieren, entspannte Kreativsessions eher schwierig sind?

Wir haben beste Erfahrungen damit gemacht, Mitarbeiterdialoge und Strategiegespräche mit einem Arbeitsfrühstück in einem schönen Café zu verbinden.

Gehen Sie doch mal spazieren für ein Entwicklungsgespräch.

Auch Telefonate bekommen eine andere Tiefe, wenn Sie im Wald zu Fuß unterwegs sind, während Sie mit einem Kooperationspartner über neue Geschäftsideen nachdenken (am besten gehen Sie zusammen – real gemeinsam oder corona-konform jeder woanders per Telefon verbunden).

Ein Thema für sich – auch dazu im Podcast noch mehr – sind Meetings in besonderer Umgebung. Das kann, muss aber nicht, Mallorca sein (falls Sie es verpasst haben: hier geht es zum Podcast inkl. Meeresrauschen über die Strategieklausur in Mallorca).

Strategierunden haben wir schon in der Gartenschau auf dem Rasen, in Trier vorm Schloss und in Cafés an ganz unterschiedlichen Orten gemacht. Die Umgebung prägt Spirit und Qualität der Gedanken und sie hält die Dinge und Ergebnisse in Erinnerung.

Für die Teilnehmer einer Führungsklausur über den Dächern von München ist das eigene Führungsleitbild mit dem Glockengeläut der Frauenkirche verbunden. Sie wissen schon, der „Geist von….“, der gelungenen Strategieprozessen so oft innewohnt.

Die neue Freiheit und schöne Büros

Ich bin sicher, dass die Umwälzungen durch die pandemiebedingt beschleunigte Mobilisierung des Arbeitens erst langsam in Fahrt kommen.

Im Großen durch weniger Büroflächen und mehr mobiles Arbeiten. Mehr Menschen gehen oder bleiben auf dem Land, andere ziehen ans Meer. Madeira etabliert Orte für mobiles Arbeiten am Strand, ländliche Regionen entdecken Coworkings.

Im Kleinen durch immer mehr Menschen, die nach und nach die Tragweite des mobileren Arbeitens entdecken.

Großartige Arbeitgeber negieren das nicht nur nicht. Sie ermutigen dazu. In dem Wissen, dass mehr Lebensqualität und mehr Produktivität kein Widerspruch sind.

Allerdings braucht es gute Absprachen, klare Ziele und Vertrauen. Dann ist so viel möglich.

Auch die Büros und Arbeitsplätze sollten dem gerecht werden. Statt eintöniger Arbeitsplätze (Sie wissen schon – „Hässliche Büros braucht kein Mensch mehr“) sollten unterschiedliche Zonen entstehen: Orte für ungestörtes Arbeiten, kommunikative Bereiche und inspirierende Besprechungsinseln und -räume.

Aktivieren Sie Dachterrasse und Innenhof, schaffen Sie Räume, in denen Menschen sich gerne aufhalten. Je wohnlicher und inspirierender, desto einprägsamer.

Nutzt man diese Räume dann klug, steigen Produktivität und Lebens- und Arbeitsfreude gleichermaßen.

Kluge Arbeitgeber wissen und nutzen das.

Andere hängen den angeblich so „guten, alten Zeiten“ nach und klagen über den Fachkräftemangel

Podcast – Bessere Arbeit durch inspirierende Umgebung

Wer kennt das nicht – beim Brainstorming am Schreibtisch und im Meeting wartet man vergeblich auf Inspiration und bleibt unzufrieden. Unter der Dusche oder beim Waldlauf kommt dann die zündende Idee wie aus dem Nichts. Im Besprechungsraum liegt Zähigkeit und Anspannung über dem Mitarbeitergespräch, bei der Autofahrt oder dem gemeinsamen Spaziergang entwickelt man gemeinsam grandiose Zukunftsideen. Produktivität hat viel mit Inspiration zu tun. Umgebung kann und lähmen und langweilen, sie kann aber auch inspirieren und animieren.

2021-11-02T17:02:14+01:00
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