People Power. On.

Bei meiner Arbeitswelt-Entdeckungsreise im Juni 2022 gab es viel zu entdecken.
Ein in Deutschland sehr bekannter Impulsgeber ist Initiator und Veranstalter des Berliner Events Recruiting Convention 2022: Gero Hesse, dessen HR-Blog „Saatkorn“ seit über 10 Jahren einen festen Platz in der Personaler-Szene hat. PeoplePower.On. Das war das Motto des #rc22, der Recruiting Convention.

Wie gelingen Employer Branding und Recruiting heute – und vor allem morgen?

Zu dieser Frage gab es eine Fülle von Impulsen in über 100 Vorträgen in 2 Tagen auf 5 Bühnen. HR-Tech-Startups und renommierte Anbieter stellen Ihre Lösungen vor und das Wichtigste: die persönlichen Gespräche – geplant wie zufällig. Das macht den Reiz aus.

In meinem Anliegen, möglichst viele Unternehmen auf dem Weg zum großartigen Arbeitgeber zu inspirieren und zu begleiten, ist das Erkunden und Sammeln guter Methoden, Lösungsanbieter und Erfahrungen unheimlich wertvoll.

Der Reiz liegt darin, außerhalb der üblichen Kreise zu forschen und zu entdecken und das Wertvollste herauszufiltern. Das gilt beim Reisen in andere Länder, die in bestimmten Aspekten schon weiter sind. Geht man davon aus, dass sich Entwicklungen nach und nach verbreiten, kommt das einer kleinen Zeitreise nahe.

Das gilt aber auch bei Events mit anderem Publikum wie hier: Das Gros der Teilnehmer waren Mitarbeitende aus den Recruiting-Abteilungen großer Unternehmen. Die Teilnehmerliste las sich wie das „Who is Who“ führender Unternehmen – von Beiersdorf bis EON, von Böhringer bis Claas, um nur einige zu nennen.

Der Erfahrungsaustausch war gerade deshalb so spannend. Was machen die großen Unternehmen? Wie viel Personal arbeitet an den Themen? Wir wird das organisiert? Welche Tools werden genutzt?
Da ist es normal, dass es eine Employer Branding Abteilung, ein Recruiting-Team und ein HR-Marketing-Team gibt. Ganz zu schweigen von der Retention-Abteilung.

Das ist eine andere Welt als die Realität im Mittelstand.
Oft sind diese Funktionen noch überhaupt nicht vorhanden
– der Bedarf im Arbeitsmarkt aber sehr wohl.

Ein paar Thesen habe ich Ihnen hier schon mal zusammengefasst. In diesem Podcast erfahren Sie in 5 kurze Gespräche mit den Protagonisten jeweils eines interessanten Konzeptes oder Tools für modernes Recruiting: https://bit.ly/3HSOeCc . Hören Sie gerne mal rein.

Gedanken und Erkenntnisse aus den beiden Tagen in Berlin – in 4 Thesen zusammengefasst:

1 -Die „People Power“ im Unternehmen muss verstärkt werden!

Recruiter (im weitesten Sinne inkl. Employer Branding und Arbeitgeberkommunikatioin) werden immer wichtiger und sie werden knapp. In kaum einem anderen Bereich ist die Anzahl der Stellenausschreibungen so sehr angestiegen. Können sich Personalverantwortliche eigentlich freuen, weil ihre Rolle mit zunehmendem Fachkräftemangel wichtiger und einflussreicher werden, so ist auf der anderen Seite der Arbeitsdruck deutlich zu spüren. Je stärker Personalmangel zur Wachstumsbremse wird, desto größer wird der Druck auf Recruiter und Personaler.

Was ebenfalls auf der Hand liegt: die nötigen Prozesse von Employer Branding, Arbeitgeberkommunikation bis zum konkreten Recruiting – das ist alles mit Arbeit verbunden, braucht Kapazität und Kompetenz. Die aufzubauen und hier zu investieren, ist unerlässlich. In welcher Form, mit welcher Strategie – da unterstützen wir Sie gerne. Möglichkeiten und Erfahrungswerte konnte ich jedenfalls eine Menge mitnehmen.

2 – Lernen vom Online-Marketing – Conversion entscheidet!

Was nicht nur für mich, sondern für die ganze Personaler-Szene ein Blick in die Zukunft darstellt, ist der Blick in E-Commerce und Online-Marketing. Was dort längst normal ist, hat in der Mitarbeitergewinnung gerade erst begonnen – auch das ist also ein Blick um einige Jahre in die Zukunft.

Strategien der digitalen Ansprache potenzieller Bewerber über Performance Recruiting in sozialen Medien sind gerade in aller Munde, Angebote unzähliger Agenturen schießen wie Pilze aus dem Boden. So wirksam solche Ansätze sein können, so sehr wird auch Geld verpulvert und Strohfeuer abgefackelt.

Hier gab es kluge Ansätze, wie es gelingt, interessante Talente anzusprechen und die richtigen auf die eigene Karriereseite zu holen.

Nicht die schiere Reichweite ist dabei entscheidend.
Viel wichtiger ist es, eine hohe Konversion von Seitenbesuchern zu wirklichen Bewerbern und
am Ende des Tages guten Mitarbeitern hinzubekommen.

Einen Ansatz beschreibe ich in der Podcastfolge nächste Woche. Was dazu benötigt wird, ist profundes Wissen im Online-Marketing – gerade auch bei den Mitarbeitergewinnungs-Themen.

3 – Und ob man Personalarbeit digitalisieren kann!

Daten, Künstliche Intelligenz und Automationen revolutionieren auch die Personalarbeit. Quer durch sehr unterschiedliche Anbieter und Lösungen wird eines deutlich: die Digitalisierung verändert die Abläufe auch hier dramatisch. Ob überall zum Besseren, bleibt abzuwarten. Aber die Chancen sind enorm, die Möglichkeiten verblüffend.

Da gibt es eignungsdiagnostische Tools auf fundierter wissenschaftlicher Basis, die mit Gamifikation-Methoden gekoppelt sind. Dann können Bewerbende sich direkt per Smartphone-App in 15 Minuten ein gutes Bild ihrer eigenen Stärken machen und erhalten einen fundierten Bericht – egal, ob sie sich dann bewerben oder nicht. Das ist nett und wertschätzend. Der Clou ist aber ein anderer: Die Daten werden genutzt, um jedem Bewerber genau die Jobangebote anzuzeigen, deren Anforderungsprofil zur Person passt. Automatisch.

Klar, dass das bei 5 Stellen wenig Sinn macht, bei 500 aber schon.

Während viele Unternehmen im Mittelstand noch damit kämpfen, überhaupt eine sympathische, moderne, responsive und wirksame Karrierewebsite aufzubauen und dort einen flotten digitalen Bewerbungsprozess zu etablieren, diskutieren die Vorreiter in Berlin ganz andere Lösungen.

Da gibt es Plattformen, die jedem Seitenbesucher abhängig von dessen Browserverlauf etwas anderes anzeigen. Komme ich zum zweiten Mal auf die Karriereseite, sieht sie für mich anders aus als beim ersten Mal. Die Technologie dahinter ähnelt dem, was Netflix mit seinen Abonnenten macht. Da wird für den gleichen Film ein ganz anderes Bild oder ein alternativer Trailer eingespielt.

Auch für Bewerbermanagement, Mitarbeiterempfehlungsprogramme und Talentpools gibt es spezialisierte Softwarelösungen mit beeindruckendem Leistungsumfang.

4 – Doch – man kann Bewerbungsprozesse abkürzen!

Das wäre ein ganz eigenes Thema. Der altbekannte Bewerbungsprozess von gestern – ist auch von gestern.

Die Sprachbewerbung über den Bierdeckel (Talkl´n´Job) hatte ich schon mal im letzten September beim Bericht von der Messe Zukunft Personal vorgestellt. Die Lösung spricht sich langsam rum und verbreitet sich. Ist aber nur eine von vielen Ansätzen.

Hier in Berlin wurden Beispiele gezeigt, bei denen statt längerer Bewerbungsgespräche gleich Online-Gruppentermine eingesetzt wurden. Zeitsparend und ein natürlicher Filter. Statt nach der Auswahl lange zu warten, bis man in die Vertragsverhandlungen geht, wurde ein ganz anderer Weg gewählt:

Die Eckdaten des Arbeitsvertrags standen schon auf der Bewerbungswebsite. Wer in Frage kommt, erhält die Aufforderung, den Vertrag durchzugehen und Änderungswünsche per Sprachnachricht einzureichen. So wird die „Vertragsverhandlung“ mit kurzen Sprachnachrichten abgewickelt – noch ehe das Unternehmen entschieden hat, wer den Job bekommt.

Ist die Entscheidung dann gefallen, kommt das verbindliche Vertragsangebot. Online natürlich mit Unterzeichnung per DocuSign. Dann ist längst alles geklärt und das geht ratzfatz.

Zum Glück ist auch das noch längst kein Standard, sondern ein innovatives Konzept im Pilotprojekt-Stadium. Aber ein bisschen kalte Füße darf man ruhig bekommen….

Keine Angst – Hauptsache die Richtung stimmt!

Zumindest, wenn man diese Impulse als Ermutigung nimmt, sich in die richtige Richtung zu bewegen.
Entscheidend bleibt, ein Unternehmen mit gutem Menschenbild zu führen und zu entwickeln. Ist das was man zu bieten hat, interessant und attraktiv, kann man sich nach außen wenden. Dabei muss man nicht alle Highend-Lösungen direkt einsetzen.

Oft reicht die Grundidee, die man in kleineren Firmen ja auch noch sehr viel unkomplizierter umsetzen kann. Vor allem kommt es darauf an, alte und überholte Haltungen und Prozesse abzulösen.
Die People-Themen brauchen Priorität und Strategie. Das gilt unabhängig von der Größe der Firma. Und ist ja genau meine Rede und unser Wirken.

Ich wünsche Ihnen ein schönes Wochenende und eine tolle Woche.