„Ja, wenn wir uns jemanden backen könnten…“

Bei vielen Stellenausschreibungen entsteht kein klares Bild des idealen Kandidaten, der idealen Kandidatin. Alles klingt irgendwie austauschbar. Oder nach eierlegender Wollmilchsau. Oder nach den üblichen Floskeln von Teamorientierung und Motivation.Fragen wir dann nach „Was ist denn entscheidend? Was soll jemand denn mitbringen?“, hören wir öfters – meist nach einem tiefen Seufzer…

(in dem stecken all die frustrierenden Erfahrungen mit wenigen oder unpassenden Bewerbern) –

„…Also, wenn wir uns jemanden backen könnten, … “
Dann kommt meistens noch ein tiefer Seufzer

(„wir finden ja eh schon kaum brauchbare Bewerber, dann soll ich auch noch wählerischer sein…“).

Und dann geschieht das Wunder und in wenigen Minuten steht – mit knackigen Aussagen beschrieben – ein sehr klares Bild einer ideal passenden Person im Raum. Na bitte. Geht doch.

Der große Irrtum

So verständlich ein bestimmter Gedanke angesichts zunehmendem Fachkräftemangels ist, so sehr führt er in die Irre: „Wenn wir schon kaum Leute finden, dürfen wir die Anforderungen nicht zu eng formulieren.“ Was dann passiert? Meist das genaue Gegenteil. Die zu allgemeine Formulierung erreicht irgendwie alle und damit eigentlich keinen. Das lockt niemandem hinterm Ofen hervor.
Dabei wäre das genaue Gegenteil wünschenswert:
Unser Ideal-Kandidat liest oder hört von unserer offenen Stelle und ist direkt elektrisiert:

„Die suchen ja genau mich!“

und greift zum Telefon oder startet die Online-Bewerbung.
Glauben Sie nicht?

„Das bin ja ich!“

Rückblende 1.

Gehen wir ungefähr 10 Jahre zurück.
Wir hatten unsere perfekte neue Geschäftsführerin für eines unserer Unternehmen gefunden (wie sich später herausstellen sollte, nicht nur für die geplanten 3, sondern für mehr als 8 erfolgreiche Jahre 😉).
„Die meinen mich“ waren genau ihre Worte beim ersten Gespräch. Dabei war sie gar nicht auf Stellensuche. Eher suchte sie einen Dienstleister wie uns als Auftragnehmer für ein strategisches Projekt und „stolperte“ dann auf unserer Website über die Stellenausschreibung mit den magische Worten.
Lese ich dann genau über mich oder über das, was ich suche – bleibe ich hängen. Lese ich Allgemeinplätze, bin ich raus…
In unserem Falle bekamen wir die perfekte Bewerbung und fanden schnell zusammen.

Schlüsselmomente vorm geistigen Auge

Rückblende 2.

Wenige Wochen weiter zurück.
Ich hatte den Entwurf der Stellenausschreibung gerade bekommen. Ich sehe mich noch heute am Schreibtisch sitzen. Irgendwie gefiel mir das noch nicht richtig. Dann kam einer der seltenen Momente, in den ich – von außen betrachtet vermutlich in filmreifer Pose – die Schaukelfunktion meines Schreibtischstuhls genutzt habe (Sie wissen schon – Füße auf dem Schreibtisch und gedankenversunkenes Wippen im Stuhl – das mache ich normal nicht 😉, vermutlich habe ich mir diesen Moment deshalb so gut gemerkt.)

Doch dabei ist etwas magisches passiert. Tief in Gedanken habe ich vor meinem inneren Auge die ideale Kandidatin „gebacken“. Ich habe mir genau ausgemalt, welche Persönlichkeit, welche Stimmung, welche Kompetenz und vor allem welche Energie er oder sie mitbringen sollte.
Damals intuitiv habe ich mir Fragen gestellt, die wir heute systematisch mit unseren Kunden erarbeiten: Wo befindet sich genau diese Person heute? Was tut sie jetzt? Was möchte sie verändern? Was sucht sie? Was motiviert sie?
Als ich das Bild klar vor Augen hatte, sind ganz andere Formulierungen entstanden als vorher.
Die haben offenbar genau den Nerv getroffen.

Mut zum Einzigartigen

Der Schlüssel zu mehr Wahrnehmbarkeit und Sog auf die genau richtigen Menschen liegt also genau nicht im möglichst breiten Suchprofil – sondern im exakten Gegenteil.
Haben Sie den Mut, sehr viel klarer zu beschreiben und zu identifizieren, wen Sie idealerweise suchen.
Die eigentliche Arbeit ist nicht die Ausschreibung. Der wahre Prozess liegt in der Phase davor.
Das Wunder geschieht beim Backen – in der Backstube, nicht in der Auslage…
Wie beim Backen selbst – Sie brauchen gute Zutaten und sollten Ihr Handwerk verstehen. Dann kann Schmackhaftes entstehen.

Wir haben inzwischen einen ganzen Satz an Fragen und Denkansätzen, mit denen wir Ihr Idealprofil herausschälen helfen. Im Idealfall formulieren Sie einen regelrechten Steckbrief, eine Personenbeschreibung – als ob sie eine Figur für einen Roman entwerfen würden.
Machen Sie das am besten gemeinsam im Team der Führungskräfte und mit den direkten Kollegen.
Ist das anstrengender als einfach die Ausschreibung vom letzten Mal zu nehmen?
Ja.
Aber es lohnt sich.

Die Magie des Spezifischen

Die besondere Magie dieses spezifischen Profils entfaltet sich gleich mehrfach:

  • Spezifische Formulierungen stechen heraus und führen zur Identifikation – s.o. „das bin ja ich“.
  • Besondere Attribute lösen Resonanz aus (wir haben mal erfolgreich eine „begeisterte Buchhalter/-in“ gesucht. Das hat zu völlig anderen – inkl. der richtigen – Bewerbungen geführt).
  • Die Kombination mehrere Eigenschaften schränkt die Zielgruppe ein und steigert die Relevanz für die richtigen (ein Unternehmen sucht IT-Experten, die gerne Mountain-Bike fahren, weil dieses Profil die besonderen Standortvorteile perfekt nutzen kann).
  • Verstehe ich genau, wo die gesuchte Person sich heute befindet, fallen mir meist auch direkte – und manchmal ungewöhnliche Zugänge und Kommunikationswege ein. Wer weiß, wen er sucht, hat auch eine Idee, was genau diese Leute lesen, wem sie folgen und wo sie sich samstags mittags herumtreiben.
  • Je spezifischer Sie beschreiben können, wen Sie suchen, desto größer ist die Chance, dass Menschen, denen sie davon erzählen, kurz innehalten und Ihnen dann einen konkreten Namen nennen 😉 – am besten mit Telefonnummer.
  • Können Sie genau die heutige Situation – inkl. Frustfaktor – und Motivationslage ihres neuen Mitarbeiters in spe beschreiben, ist das die perfekte Vorlage für eine pfiffige (Social Media) Kampagne. „Kennst Du einen begnadeten Vertriebler, der keine Lust mehr auf die langen Reisen hat und lieber tolle Kunden im direkten Umfeld betreuen würde?“

Manchmal kommt dann sogar der Zufall zu Hilfe. So scheint es zumindest.
Die Schärfung des eigenen Suchprofils provoziert oft auf fast magische Weise „Zufälle“ – jedenfalls habe ich diese Erfahrung schon oft gemacht.
Vielleicht ist es ein Zufall, dann genau der richtigen Person zu begegnen oder einen Hinweis zu bekommen. Vielleicht ist es aber auch eine unsichtbare Anziehung oder selektive, unbewusste Wahrnehmung.
Sei´s drum. Hauptsache, es wirkt.
Also – bei der nächsten Mitarbeitersuche: Backen Sie sich bitte Ihre Idealkandidat/-in (m/w/d) 😉.

Eine Warnung muss sein – Achtung!

Jeder, der Knowhow im Arbeitsrecht oder schlimmer noch, teure Erfahrungen mit AGG-Klagen hat, dürfte spätestens jetzt innerlich den Finger heben – zurecht!
Ein „Achtung!“ muss deshalb sein. Dieser Ansatz steht schnell im krassen Gegensatz zu den Erfordernissen diskriminierungsfreier Ausschreibungen und Verfahren. Daher bitte unbedingt gedanklich trennen zwischen Mitarbeiter „Backen“ im Sinne von einer Beschreibung, die so spezifisch wie möglich ist
und einer rechtskonformen Ausschreibung, die so viel Spezifisches wie möglich zu lässt und die Fallstricke vermeidet. Also immer eine Schleife mit Anwalt oder erfahrenem Ausschreibungsprofi einbauen. Aber verzichten Sie nicht auf ein möglichst klares „Suchprofil“.
In diesem Sinne viel Freude beim „Mitarbeiter backen“ – möge die Magie die richtigen Menschen anziehen.

Podcast – Die passenden Bewerber finden durch Mitarbeiterbacken

Die passenden Mitarbeiter zu finden – das wird für viele Firmen immer schwerer. Eine häufige Reaktion: Ausschreibungen werden breiter angelegt, die Messlatte wird niedriger gehängt. Die Folge: austauschbare Stellenausschreibungen, die alle meinen und niemanden erreichen. Vor allem ziehen solche Angebote – noch dazu von Firmen, die nur wenige kennen – keinen Menschen hinter dem Ofen hervor. Dabei brauchen wir genau das Gegenteil: Jobangebote, die begeistern. Jobangebote, von denen ideale Kandidaten sagen: „Die meinen ja mich!“.

2021-08-26T14:30:45+02:00
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