Reflexion: Gute Fragen für die Zeit zwischen den Jahren
Wir wünschen uns eine besinnliche Zeit.
Jenseits von religiösen Konventionen hat die Zeit „zwischen den Jahren“ eine besondere Qualität. Der kürzeste Tag des Jahres markiert einen Wendepunkt in der Natur. In unserem Kulturkreis machen fast alle Pause, die Tage sind innerlich und äußerlich ruhiger. Nie fällt es leichter, wirklich herunterzufahren. Gilt das schon in „normalen“ Jahren, so gilt es 2020 besonders. Wenn wir jetzt keine Zeit zum Abschalten, Innehalten und Reflektieren haben, wann dann?
Warum Reflexion so wichtig ist
„Großartige Arbeitgeber brauchen reflektierte Führungskräfte.“ Das ist ein zentraler Satz eines Kapitels in meinem Buch. Reife und Reflektiertheit sind für alle Menschen wertvoll. Für Menschen, die andere führen, gilt das doppelt.
Niemand muss und kann perfekt sein. Je besser man sich selbst kennt – Werte, Gefühle, Triggerpunkte – desto aufmerksamer nimmt man wahr und kann unterscheiden, was wirklich geschieht.
Je besser man seine eigene Entwicklung reflektiert, je mehr im Reinen man mit sich ist, desto präsenter und stärker kann man führen.
Die Zeit zwischen den Jahren kann nicht alles retten, was sonst im Jahr fehlt. Auch hier gilt, was analog beim Essen stimmt: Die Zeit zwischen Weihnachten und Neujahr ist nicht so entscheidend wie die zwischen Neujahr und Weihnachten….
Und doch bietet die Zeit des Jahreswechsels eine besondere Gelegenheit, eine besondere Qualität zur Reflektion. Dazu möchte ich Ihnen ein paar Ideen liefern und einige Fragen als Anregung anbieten.
Finden Sie Ihren Stil der Reflexion
Wie Sie Ihren Reflexionsprozess angehen, ist Geschmackssache. Ich schreibe in dieser Zeit gerne Tagebuch – klassisch mit Papier, manches auch digital. Andere sprechen lieber viel mit Menschen ihres Vertrauens. Vielleicht haben Sie einen Ort im Haus, an den Sie sich einmal täglich für eine Stunde zurückziehen und dort schreiben, denken, in sich horchen. Oder Sie machen lange Spaziergänge. Probieren Sie aus, was zu Ihnen passt.
In den heutigen Impulsen geht es um den Rückblick, das Innehalten, das Auswerten und Entdecken. Für die Vorbereitung des neuen Jahres kommen dann nächste Woche weitere Ideen und Fragen.
Wenn Sie diese Tage zwischen den Jahren für eine bewusste Reflektion nutzen wollen, benötigen Sie dafür nicht den ganzen Tag. Mit der einen oder anderen Stunde oder einer bestimmten Phase des Tages können Sie viel erreichen. So bleibt viel Zeit für gemeinsames Kochen, Essen, Spaziergänge, Gespräche, gute Bücher und Filme.
Das bewusste Bearbeiten solcher Fragen ist nur der offensichtliche Teil. Der unbewusste Teil des Prozesses ist mindestens genauso wichtig. Themen und Fragen beschäftigen uns weiter. Dieser unbewusste Teil äußert sich in Ideen und Fragen, die uns „einfallen“ – beim Waldspaziergang, unter der Dusche oder auf der Couch. Nehmen Sie diese Impulse aufmerksam wahr. Sie helfen auf das Wesentliche zu kommen.
Bereit für die Reise? Dann möchte ich Ihnen ein paar Fragen und Themen vorschlagen – vielleicht jeweils für einen Tag, wenn Sie mögen.
Das Alte abschließen
Man kann sich die schönsten Situationen „zerstören“, wenn irgendeine unerledigte Sache immer wieder im Hinterkopf „aufpoppt“. Wirkliche Entspannung wie das Aufgehen in einer Tätigkeit braucht volle Aufmerksamkeit für das, was Sie gerade tun.
Vor dem richtigen Abschalten kommt das Abschalten aller Verpflichtungen, aller offenen Vorgänge. Erledigen, was geht. Wunder wirken kann die Checkliste für den Neustart im neuen Jahr mit allem, was zu Wiederbeginn der Arbeit im Januar auf dem Schirm sein muss. Das entlastet jetzt, mach den Kopf frei. Manchmal braucht es noch Nachrichten an Kollegen und Partner, manchmal eine Terminvereinbarung für Januar. Manchmal nur Ihre Entscheidung.
Wie schließe ich für mich die Dinge gut ab? Wem teile ich was mit? Wie sieht meine Abwesenheitsnotiz aus? Wo bin ich in Versuchung zu sagen „Das mache ich zwischen den Jahren?“ Will ich das wirklich oder entscheide ich bewusst, diese Dinge nicht zu tun?
Schaffen Sie sich Freiraum und werfen Sie alles aus dieser heiligen Zeit, was da nicht hineingehört.
Ordnung schaffen
Ich erkenne an der Situation auf meinem Schreibtisch, ob ich Stress habe. Dann füllt er sich. Klarer Geist heißt reiner Tisch. Äußerliches Aufräumen tut deshalb auch innerlich gut. Achtung: bitte jetzt nicht anfangen, den Keller aufzuräumen. Es geht nicht um große Projekte, sondern um ein Bereinigen der Umgebung, in der ich mich befinde.
Schauen Sie sich um. Was möchten Sie aufräumen? Was können Sie vorbereiten für die Tage zwischen den Jahren?
Zur Ruhe kommen
Gute Gedanken kommen den wenigsten Menschen in unausgeschlafenem Zustand. Schlafen Sie sich aus. Machen Sie Spaziergänge, gehen Sie in die Sauna, meditieren Sie. Was Sie auch immer brauchen, tun Sie sich was Gutes und füllen Sie die Speicher auf. Je nach Stressniveau in der Zeit davor, geht das in ein oder zwei Tagen oder es kann dauern. Vielleicht sind die Weihnachtstage genau das Richtige dafür.
Bestandsaufnahme
Lassen Sie Ihr Jahr Revue passieren. Manchmal hilft der Blick über den Kalender oder über den Postausgang. Wenn Sie jährlich eine solche Inventur machen und sich Ziele für das Jahr formulieren, ist das eine gute Gelegenheit, die Vorhaben und Erkenntnisse des letzten Jahres nochmal anzuschauen.
Ich kenne zwei unterschiedliche Reaktionen: da ist ganz vieles gelungen und erledigt, was uns gar nicht mehr so bewusst war. An manchen Punkten sind wir viel weitergekommen als gedacht. Schön!
Und es gibt andere Aspekte, da hat sich nichts bewegt. Wir drehen uns im Kreis. Auch eine Erkenntnis. Nehmen wir Themen von Jahr zu Jahr mit, hat das auch was zu sagen.
Der dankbare Blick auf Erfolge
Schon das Bewusstmachen, was eigentlich in so einem Jahr alles war, kann sich sehr gut anfühlen. Zu sehr sind wir von aktuellen Themen gedanklich dominiert. Negative und belastende Themen bekommen häufig zu viel Aufmerksamkeit. Der Fokus liegt jetzt auf den Erfolgen des vergangenen Jahres. Spätestens jetzt sollten Sie zu einem Notizblock, Tagebuch oder ein paar schönen Blättern Papier greifen. Schreiben Sie alles auf, was Ihnen im abgelaufenen Jahr gut gelungen ist:
Was habe ich / haben wir erreicht?
Worauf bin ich stolz?
Wofür bin ich dankbar?
Was ist mir gut gelungen?
Dieser Blick gilt für alle Lebensbereiche. Sie können das getrennt betrachten für Ihre Unternehmer- und Führungsrolle und für Ihr Privatleben, Ihre Gesamtsituation.
Dieser Blick ist auch sonst im Jahr wertvoll. In Meetings im Team und für sich selbst – immer wieder. Doch gerade jetzt am Jahresende sind Zeit und Ruhe für den Prozess. In den Folgetagen werden Ihnen weitere Dinge einfallen. Die Liste darf ergänzt werden.
Genießen Sie das eintretende Gefühl. Das ist Absicht und wichtig.
Wenn Sie möchten, betonen Sie den Aspekt der Dankbarkeit nochmal besonders. Wir jammern so oft auf hohem Niveau und verdrängen die bewusste Wahrnehmung der so viel wichtigeren Dinge, die alltäglich da sind. Wie wichtig diese sind, merken wir oft erst, wenn sie fehlen. 2020 hat uns da in mancher Hinsicht die Augen geöffnet.
Was darf ich lernen?
Der Alltag als Entscheider ist oft eng getaktet, wir entscheiden, beziehen Stellung und müssen ständig antworten. Manches erfolgt im Kampfmodus, manchmal reagieren wir reflexhaft. Zeit zum Reflektieren bleibt oft nicht.
Ganz anders in der ruhigen Zeit zum Jahreswechsel. Wann, wenn nicht jetzt, besteht mal die Chance, in die Tiefe zu gehen ohne sich verteidigen zu müssen? Deshalb ist die Reflektion der eigenen Rolle, des eigenen Verhaltens jetzt so wichtig. Beginnen Sie auch hier mit der positiven Seite.
Was ist mir gelungen?
Was habe ich gelernt? Was fällt mir leichter?
Genauso wichtig und am Ende vielleicht sogar noch positiver ist der Blick auf Themen, bei denen ich anstehe: Was muss ich ändern? Wo will ich lernen? Was hat nicht funktioniert?
Die richtigen Fragen stellen
Nach einigen Tagen nähern wir uns dem Wechsel der Perspektive. Ehe wir den Blick in Richtung Zukunft richten, folgt der letzte Teil für diese Phase. Die richtigen Fragen zu stellen und sich Zeit zu geben für Ideen, Inspirationen und Antworten. Kluge Fragen können sein:
Wo spüre ich die größte Energie in meinem Leben? Bei welchen Tätigkeiten? In welchem Rahmen?
Wo verliere ich Energie? Was nervt, belastet und lähmt mich?
Was möchte ich loslassen? Was nicht mehr tun?
Wofür ist die aktuelle Situation eine besondere Chance?
Mit welchen Verhaltensmustern bin ich erfolgreich?
Mit welchen trete ich auf der Stelle oder erreiche schlechte Ergebnisse?
Was darf ich lernen?
Und die Hardcore-Frage: Was darf ich lernen, will es aber nicht wahrhaben? (Es kann sich lohnen, mal im Stillen zu reflektieren, was Lebenspartner, gute Freunde und enge Mitarbeiter mir schon ab und an mal zu sagen versuchten ….).
Die Vorboten der Zukunft
Geht es zuerst um den Blick zurück und in die Tiefe, tauchen natürlich schon Ideen für die Zukunft auf. Heißen Sie diese Ideen während des ganzen Prozesses schon willkommen. Vielleicht schreiben sie auch die schon auf.
In den Impulsen der nächsten Woche geht es genau dort weiter. Über den Jahreswechsel und in den ersten Januartagen geht es um die Formung unserer Idee für 2021.
Jetzt wünsche ich Ihnen zuerst einmal ein besinnliches und frohes Weihnachtsfest – und dann gute Gedanken und Erkenntnisse.
Hi ich bin Stefan und schreibe hier für großartige Arbeitgeber und eine bessere Arbeitswelt.
Ich bin selbst Unternehmer, motiviere als Keynote Speaker und begleite als Sparringspartner.
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